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Brief vom 3. Juni 1706

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


314.


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A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.

Versaille den 3 Juni 1706.
Hertzliebe Louisse, ich werde heütte auff zwey von Ewern lieben schreiben auff einmahl andtworten; den wie Ihr schon lengst wist, so kan ich Eüch ohnmöglich deß sontags antworten; also alle schreiben, so ich deß sambstags entpfange, können erst deß donnerstags beantwortet werden. Ich weiß woll, wie es ist, wen man sich so auff der jagt von der sonnen verbrendt; den daß ist mir gar offt geschehen, daß ich von morgendts umb 5 biß abendts umb 9 in der sonnen geweßen, daß ich wider roht wie ein krebs nach hauß kommen undt daß gesicht gantz verbrendt hatte; drumb habe ich auch jetzt so eine braune raue hautt. Hir haben wir kein gar kalt wetter gehabt. Man fährt hir nicht auff der wurst, aber in Lotteringen fahren sie drauff. Vor den staub sorgt man hir nie; ich habe in reißen gesehen, daß so ein staub war, daß man sich gar nicht in der kutschen sehen konte, undt der könig befahl doch nicht, daß man nicht neben der kutschen reytten solte. Zu Hanover denckt man noch ahn, sich lustig zu machen, undt man thut woll, den daß erhelt daß leben; aber hir ist dieße mode gantz [464] verbey. Nachts in der lufft zu sein, schadt gar nichts; zu Marly gehe ich offt im monschein spatziren. Wen man gedult hatt, heilt man offt eher, alß mitt viellen remedien. Alle, die viel brauchen, seindt bey weyttem nicht so gesundt, alß die, so nichts brauchen, undt ich sehe, daß die den docktorn glauben, allezeit waß brauchen müßen; drumb brauche ich nichts, ich seye den recht kranck, undt laß den docktor predigen, so lang er will. Wen der envoyes kommen wirdt sein, mylord Allifax, so wirdt der hanoverische hoff woll noch mehr Engländer bekommen. Wen sie alle so reich seyn, wie der, so Eüch recomandirt worden, werden sich die damens zu spitzen haben; aber sie müßen nicht versprochen sein, wie der, so deß duc d’Ormonts dochter heürahten solle. Es ist schwer, in pastel gelichen zu machen. Hiemitt ist Ewer erstes liebes schreiben völlig beantwortet, so ich aber daß letzte entpfangen. Ich komme jetzt auff daß vom 21 May, so ich erst entpfangen mitt den zwey tabletten, wovor ich sehr dancke; mögte aber gern noch ein par haben, den hir kan man gar keine bekommen, wen man ahnstatt einen halben gülten taußendt gebe. Sie schönner zu faßen, war gar nicht nöhtig, sie [sind] gar gemächlich so. Zu[1] hatte ich schönne, so von Bacherach kammen, roht vergült mitt vergülten schlößer; daß ist aber hir nicht nöhtig, vor waß ich sie brauchen will. Es ist in meine bücherschrank zu thun; den waß ich bücher verlohren, kan man nicht außrechen. Nun schreib ich auff, waß ich lehne; bringt man mirs wider, lesch ichs auß. Ich dancke Eüch auch, mir deß hertzogs vom Weysenfels standt geschickt zu haben; hatt mich von hertzen lachen machen. Es wundert mich, daß ma tante mir nichts vom graffen von Rossenberg geschrieben hatt; den solche art leütte divertiren I. L. Wie ich sehe, so hatt er Ewere gunst nicht erworben. Hir hört man von nichts, alß trawerige sachen, stätte, so sich dem feindt ergeben, leütte, so die ihrige beweinen, so in der schlacht umbkommen, andere, so trawerig philosophiren, suma, gar nichts zeitvertreibliches. Drumb will ich schließen undt vor dießmahl nichts mehr sagen, alß wie daß ich Eüch allezeit von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 3. Juni 1706 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 463–465
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0314.html
Änderungsstand:
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