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A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 3 Februari 1707.
Hertzliebe Amelisse, ich bin recht fro, daß Eüch daß silberne
schächtelgen gefrewet hatt; aber es meritirt woll nicht, alß ein
raritet verwahrt zu werden, den es ist keines nicht. Louise undt
Ihr gebt einander den kein neü jahr, wie ich sehe, weillen diß daß
erste pressent ist, so Ihr von dießem jahr entpfangen habt. Tragt
Ihr taback im sack? daß hette ich nicht gemeint, ist eine heßliche
mode. Ich dachte nicht, daß Ihr so a la mode wehret. Ich gonne
Eüchs von hertzen, Eüch braff lustig gemacht zu haben; daß könt
ich mich nie berühmen. Ich eße das gantze jahr durch zu mittag
mutters allein, eylle mich, so viel möglich; den es ist verdrießlich,
allein zu eßen undt 20 kerls umb sich haben, so einem ins maul
sehen undt alle bißen zehlen; eße derohalben in weniger zeit, alß
eine halbe stundt. Nachts eße ich mitt dem könig; da sindt wir
5 oder secks ahn taffel, jedes ist vor sich weg wie in einem closter,
ohne ein wordt zu sagen, alß ein par wordt heimblich ahn seinem
nachbar. Es wundert mich nicht, daß mad. Haw Eüch woll zu eßen
geben. Ich finde, daß die Engelländer beßer zurichten, alß die
Frantzoßen. Ich wolte gern lenger plaudern, aber heütte kans nicht
geschehen, habe zu viel zu schreiben, nur noch sagen, daß ich Eüch
von hertzen lieb behalte.