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A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Heydelberg.
Marly den 13 April 1709.
Hertzallerliebe Louise, dieße woche habe ich kein schreiben
von Eüch entpfangen, daß setzt mich in sorgen wegen Amelisse.
Ich schreibe heütte nur, mein wordt zu halten, alle sambstag zu
schreiben; den ich weiß gantz undt gar nichts neües. Wir seindt
hir seyder vergangen mitwog abendts. Ich kam zu spat, habe die
erste mussiq verseümbt. Andern tag ging der könig morgendts auff
eine reveüe, es wahren keine damen mitt. Ich schriebe ahn unßere
liebe churfürstin ein brieffgen von 19 bogen. Der könig kam doch
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zum mittageßen wider. Gestern gleich nach dem eßen fuhren wir
auff die hirschjagt, aber die arme thier seindt so ellendt von der
großen kalte, so sie außgestanden, daß wir 4 in einer stundt
gefangen haben, undt die gantze jagt hatt in allem nur 2 stundt
gewehrt. Abendts habe ich von kleyder geendert undt bin zur musiq,
so biß zum nachteßen gewehrt; es war der zweyte undt 3te acte
von Athis.
[1] Heütte werde ich gleich nach dem eßen nach Marly.
Der könig ist wider auff einer reveue. Daß ist alles, waß ich weiß.
Adieu, hertzliebe Louisse! Seydt versichert, daß ich Eüch von
hertzen lieb behalte!