[133]
Versaille den 18 October 1709.
Hertzliebe Louise, dieße woche habe ich zwey von Ewer
[134]
lieben brieffen entpfangen, montag daß vom 26 September undt gestern
durch die ordinarie post daß vom 1 dießes monts. Dießes letzste
werde ich vor sambstag sparen. Es hatt mich woll hertzlich
erfrewet, ma tante, gott seye danck, gutte gesundtheit darauß zu
vernehmen. Alle Ewere schreiben von Heydelberg undt Franckfort
habe ich zu recht entpfangen undt auch drauff geantwortet, aber
meine brieffe ahn Eüch, liebe Louisse, stecken alle in ma tante
paquetten, die man so lang auffhelt, umb unß alle braff doll zu
machen, undt darin reussiren die minister undt allmachtigen damen
beßer, alß dießes königreich zu regieren. Es frewet mich, daß Ihr
so woll entpfangen seydt worden zu Hannover undt wilkom
geheißen. Es erfrewet mich auch, daß Ihr ma tante nicht geendert
gefunden habt. Die arme madame de Savoye ist umbs kindt
kommen undt es war ein sohn, welches woll zu bejammern ist. Ihr
könt leicht errahten, warumb ich nicht exacter auff Ewern brieff
andtwortte undt ein article kurtz verbey gehe. Ma tante hatt mir
befohlen, I. L. brieff in den Ewerigen zu schließen, welches ich
hiemitt thue. Ihr habt mir einen rechten gefahlen gethan, Ewere
reception so genaw zu berichten undt wie Ihr ma tante gefunden;
bitte, liebe Louisse, fort zu fahren. Gott wolle I. L. lenger leben
laßen, alß mich, undt deroselben allezeit gesundtheit, freüdt undt
vergnügen verleyen! Es ist woll ein ellendt, daß Ewere arme
augen wider ahnfangen, übel zu werden. Ich glaube aber, daß es
eher vom viellen weinen kompt, alß von der großen lufft. Ihr müst
wenig schreiben in dem standt; wünsche von hertzen, daß es wider
vergehen möge. Dießes paquet schicke ich, wie es kommen, undt
morgen werde ich Eüch wider entreteniren undt nichts vor
dießmahl mehr sagen, alß daß ich Eüch all mein leben von hertzen
lieb behalte.