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Brief vom 21. Mai 1711

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


526.


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A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.

Marly den 21 May 1711.
Hertzallerliebe Louisse, gestern habe ich Ewern lieben brieff vom 11 May zu recht entpfangen. Ma tante hatt meine beyde große brieff zugleich entpfangen, daß ist mir leydt; den ich fürchte, daß ma tante endtlich meiner langen epistellen müde wirdt werden. Es ist nicht viel besonders in keinem, undt gar viel zu leßen, wo wenig verenderung in ist, gibt lange weill undt verdruß. Unßer duc de Bery ist, gott lob, nicht kranck geweßen, aber woll hertzlich betrübt über seines herr vattern todt. Wen I. L. gleich kranck wehren, würde mich doch solches nicht ahn schreiben verhindern, den ich würde I. L. zwar besuchen, aber keine sorg vor ihm tragen. Der itzige Dauphin[1] ist auch nicht kranck, noch kranck geweßen, aber wie Ihr auß meine schreiben werdet gesehen haben, so hatt dieße leydige kranckheit in Lottringen genung gehaust undt betrübtnuß zu wegen gebracht. Von der post ist nicht zu [251] raisonniren; sie gehen, wie es den ministern ahm gelegensten ist. Mir fehlt nichts, alß kurtzen ahtem, so von winde herrührt, so mich erschrecklich plagen, sonsten were ich gantz woll. Ich habe gar ein gutt gesicht gehabt, es hatt zwar abgenohmen; es seindt doch noch viel junge leütte hir, so weniger sehen, alß ich, undt brillen brauchen müßen. Ich kan noch [so] viel von dem weißen balsam bekommen, alß ich will; den ein kauffman von Marseille hatt corespondentz mitt meinem leibapotecker, der schafft ihm, so viel man will. Mir ist es zu nichts nutz, ich brauch nichts. Die keyßerin Amelie[2] jammert mich mehr, als die fraw mutter; den ich sehe woll, daß dieße sich mitt ihrer regierung trost.[3] Es ist kein wunder, daß printzes Henriette von Ahnhalt sich übel [befindet]; sie ist nicht gesundt undt corompirt ihr geblüdt mitt gar starcken parfums. Daß ist gefahrlicher, alß man meindt, insonderheit wen man pirlen hatt, nichts ist gefährlicher. Ma tante, unßere liebe churfürstin, sagt viel gutts von dießer printzes. Wie glücklich finde ich die fürstinen, so reißen können undt hingehen können undt in ihrer grandeur keine schlaffen[4] sein! Aber stille! diß führt mich zu weidt in den text. Es ist beßer, daß ich Eüch nur versichere, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 21. Mai 1711 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 250–251
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0526.html
Änderungsstand:
Tintenfass