[275]
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 5 May 1712.
Hertzallerliebe Louisse, gestern hoffte ich, ein augenblick zeit
zu finden, auff Ewer lieben schreiben vom 22 April zu antwortten
undt vor die silbern neüe medaille zu dancken. Ob schon etlich
mahl einige nicht so gar schon gepragt sein, alß die andern, schadt
es doch nicht; den es nutzt doch immer zur suitte von der historie,
derowegen gar nicht zu verwerffen, dancke Eüch auch von hertzen
davor, habe es gestern ohnmoglich thun konnen, den es seindt mir
hinternuß über hindernus kommen; dancke Eüch auch sehr, part
in mein chagrin genohmen zu haben so woll wegen der verlust
aller hohen personnen, so ich hir verlohren hatte, wie auch mein
schmertzen wegen der abscheülichen calomnie, damitt man meinen
unschuldigen sohn bezeüget
[1] hatt. Alles hatt, gott lob, hir ein
endt genohmen; auch die ahm meisten geplabert haben, leügenen
nun undt laßen unß umb vergebung bitten, aber die solche sachen
inventiren undt auffbringen, berümen sichs nicht, daß wirdt alß
unter der handt gespilt. Die Bernsteinin hatt mehr verstandt, alß
ihr schwester Gret, also kein wunder, daß sie ihre kinder beßer
erzogen. Daß aber monsieur Schelm nicht beßer vor die seinigen
gesorgt, nimbt mich wunder. Ich habe wenig Frantzosin gesehen,
so so ein gutt gemühte haben wie mademoiselle de Malauze.
[2] Ich
halte viel auff sie, bin fro, daß sie auch Ewere gutte freundin ist.
Hirmitt ist doch in eyll Ewer letztes liebes schreiben beantwortet.
Adieu! Ich ambrassire Eüch von hertzen, liebe Louise, weiß Eüch
recht danck, daß Ihr Eüch meines sohns so sehr ahngenohmen,
undt behalte Eüch all mein leben von hertzen lieb.