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A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 23 Februari 1713.
Hertzallerliebe Louisse, in dießem paquet schicke ich daß blaue
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kleine demäntgen. Ich bitte Eüch, schreibt mir doch naturlich, ob
es ma tante gefahlen oder nicht! Ich weiß woll, daß es nur eine
bagatelle ist, allein weillen es waß neües,
[1] hoffe ich, daß es I. L.
nicht mißfahlen wirdt; bitte Eüch sehr, mir hirauff die rechte
warheit zu sagen, den es ist gutt gemeint. Vergangenen montag habe
ich Ewer schreiben vom 10 dießes monts entpfangen, ich werde
aber nicht so ordendtlich drauff andtworten können, alß ich es gern
thete; den ich habe heütte gar spät zu mitag geßen, weillen wir
den morgen vor dem eßen den hirsch gejagt haben. Es fehlen mir,
gott lob, nun keine brieffe, aber wen es geschicht, kan ich
ohnmöglich laßen, in sorgen zu sein, mag die ursachen nicht
widerhollen, sie seindt zu betrübt. Last unß der freüden genießen, daß
ma tante, gott seye danck, noch woll ist! Es ist mir aber leydt,
daß sich I. L. so müde schreiben, daß man es ihnen ahnsicht. So
ahngenehm mir auch I. L. große brieffe sein, so begehre ich sie
doch nicht mitt ihrem schaden. Ich bin woll persuadirt, liebe
Louisse, daß Ihr mir nie fehlen werdt, Ihr seidt zu auffrichtig dazu.
Zu Paris sagt man alle 8 tag, daß ich todt bin. Ich weiß nicht,
worin dieße lust bestehet, den daß wirdt mich weder leben noch
sterben machen. Ich bin noch nicht wider gesundt. Die letzt
aderlaß undt medecin haben mich so abgematt, daß ich mich selber
nicht schlepen kan. Ich bin woll resolvirt, die natur nun gewehrn
zu laßen. Ich wolte gern lenger schreiben, liebe Louisse, aber es
ist spat undt ich muß noch ein brieff nach Paris schreiben, kan
also vor dießmahl ohnmöglich mehr sagen, alß daß ich Eüch
allezeit von hertzen lieb habe, biß ahn mein endt behalte, undt
ambrassire Eüch von hertzen.