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Brief vom 30. April 1713

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


575.


[304]
Versaille den 30 April 1713.
Hertzallerliebe Louisse, alle Ewer schreiben habe ich woll undt mitt freüden endtpfangen, aber ohnmöglich eher, alß nun, beantwortten können. Erstlich so haben mich die Osterfest dran [305] verhindert, hernach madame de Bery unglückliches kindtbett, hernach die kranckheit von daß arme printzgen undt sein unglücklicher [todt]. Alle vissitten, so man mir erst zum glückwünschen, hernach zur condollentz gemacht, haben mir alle zeit benohmen, kan also ohnmöglich, wie Ihr woll denckt, auff alle Ewere liebe schreiben andtwortten, fange also nur ahn, daß zu beantwortten, so ich heütte entpfangen vom 21 dießes monts. Ich gewinne noch verliehre bey dem frieden,[1] waß mir aber dran gefehlt, ist, unßere hertzogin von Savoyen königin zu sehen, die ich liebe, alß wen I. L. mein leiblich kindt wehren; zum andern so wirdt man weniger klagen hören, welches langweillig war; zum 3ten hoffe, daß die posten geschwinder gehen werden. Daß ist alles, liebe Louisse, waß mich den frieden wünschen macht. Ist es einmahl ein generalfrieden, wirdt er lang bestandt haben, den ich bin gutt darvor, daß man dießer seytten nichts mehr, alß einen langen undt bestandigen frieden, wünscht. Der friden ist nicht zu pa[r]tialisch vor unßere printzen, so ahn Spanien haben renonciren müßen. Daß gestehe ich woll, daß der keyßer sich nicht über Engellandt zu rühmen hatt. Vor daß reich kan der krieg nicht gutt sein, den gantz Schwaben undt die arme Pfaltz werden ja daß theatre vom krieg sein, wie auch die geistliche churfürsten. Daß ist woll war, daß nichts geschehen wirdt, alß waß lengst vorsehen ist. Gott gebe, daß es frieden sein mag! Wendt sein bruder lebt frisch undt gesundt hir, sein sohn ist gestorben, so auch mein page geweßen; seine dochter hatt sich mißheüraht undt einen von meines sohns premier valet de chambre geheüraht, deß apoteckers Himbert sein sohn. Sie seindt glücklich in dem hauß mitt heürahten, den deß Himbers mutter ist auch eine von adel. Wendt ist noch alß mein stallmeister[2], so über den gantzen stall befihlt. Madame de Bery hatt keine hofffreüllen. Ich glaube, Wendt hatt seiner dochter heüraht nicht schreiben wollen, hatt sich davor geschembt; sie hatt selber den heüraht gewünscht undt den vatter so pressirt, daß er es endtlich hatt müßen geschehen laßen. Ma tante hatt mir schon von der dame von Dusseldorf gesprochen. Von dem hoff kene ich niemandts, es ist mir aber leydt, daß der arme Schelm vom [306] Bergen[3] gestorben, den der war noch von unßerm hoff. Morgen ist es hir kirbe im flecken, drumb schicke ich Eüch hirbey, liebe Louisse, eine bawern-kirbe.[4] Man rufft mich zum nachteßen, kan also nichts vor dießmahl sagen, alß daß ich Eüch von hertzen ambrassire, liebe Louisse, undt allezeit lieb behalte.
Suzon, meiner ammen dochter,[5] bitt mich, Eüch ahn sie zu erinern undt daß Ihr doch allezeit ein wenig bonté vor sie haben mögt. Sie hatt meinen hussier Leclair geheüraht, so ihr geschwisterkindt ist, undt sie ist eine von meinen camerweiber.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 30. April 1713 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 304–306
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0575.html
Änderungsstand:
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