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Brief vom 29. Juli 1713

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


586.


[324]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hernhaussen.

Marly den 29 Julli 1713.
Hertzallerliebe Louise, ich bin noch nicht content von der post, [325] so lang sie ma tante, unßer lieben churfürstin, meine brieff alß 2 undt 2 bringt. Ich kan die ursach nicht davon begreiffen, will also weitter nichts davon sagen, sondern nur ferner auff Ewer liebes schreiben von 14 dießes monts andtwortten, so ich vergangen montag entpfangen habe. Ich gestehe, liebe Louisse, ich kan nicht vertragen, Teütsche zu finden, die ihre muttersprach so verrachten, daß sie nie mitt andern Teütschen reden oder schreiben wollen, daß ärgert mich recht; undt die königin in Preüssen, wen ich sie nicht von jederman loben hörte alß eine gar tugendtsame fürstin, sonsten solte ich fürchten, daß sie mitt frembden sprachen auch der frembden länder fehler aprobiren solte undt nicht mehr ahn unßere alte teütschen maximen gedencken, so doch warlich nicht zu verwerffen sein.[1] Weillen man sich im reden woll der wortter Monsieur, Madame undt Mademoiselle bedint, worumb könt man es nicht auch so woll im schreiben thun? Wen man nur die teütsche handt schreiben kan, hatt man nicht nöhtig, brieff zu lehrnen machen. Man kan ja nur schreiben, wie es einen ihm kopff kompt, wie ich thue; den muß ich gezwungen schreiben, würde ich mich mein leben nicht dazu resolviren können. Umb woll Frantzösch [zu schreiben], muß man die sprach gar woll können, sonsten kompts doll herrauß. Ich habe frantzösche brieffe von Teütschen gesehen, so nichts, alß ein Teütsch, übersetzt, wahren, welches wunderlich auff Frantzösch lautt, insonderheit wen man tittel drin setzt, welches gar nicht bräuchlich ist.[2] Ihr habt mir einen rechten gefahlen gethan, so eygendtlich zu verzehlen, wie es zu Saltzthal[3] abgangen; den es frewet mich allezeit von hertzen, wen ich sehe, daß ma tante sich erfrewet undt divertirt, den nichts ist gesunder. Ist ma tante nicht herr von Hernhaussen? Ich meinte, es were I. L. wittumb. Mir ists leydt, wen man nach der Göhr[4] gehet, dan von dar gehen die brieffe nicht so woll, alß von Hernhaussen, Hannover undt Saltzthal. Es ist kein spaß, zu schreiben, wen man nicht exact andtwort, ich thue es allezeit. Ich schlaff gar nicht mehr, alß nohtig, erstick auch nicht mehr, aber ich leyde nacht undt tag ahn meinen knien, insonderheit bey dießem gar heßlichen [326] wetter. Mitt menschenfett könt ich mich nicht schmieren laßen, es eckelt mich gar zu sehr. Sich mitt gelaßenheit in gottes willen ergehen, ist gar billig, aber gott verbieht[5] nicht, seine geneßung zu suchen, wen man hoffnuß[6] haben kan, sie zu finden. Wen Ihr mir nicht alle mahl sagen wolt, wen die gutte fraw von Felden[7] meiner gedenckt, so seydt doch so gutt, liebe Louisse, undt danckt ihr alle mahl von meinetwegen! Es ist mir lieb, daß I. L. die churprintzes glücklich undt woll auß ihrer kindtbett gangen. Ich habe mich woll mitt recht vor I. L. zu interesiren, den erstlich so seindt sie ja durch ihrem herrn meine niepce a la mode de Bretagnen,[8] aber waß mich noch mehr interessirt, ist, daß sie ma tante enckel geworden undt ma tante sie lieb hatt; daß wehren schon ursach genung, sie lieb zu haben. Es ist auch noch, daß ihr elster herr bruder gar mein gutter freündt geweßen, also ist mirs schir, alß wen ich die liebe printzessin kente. 2 stundt ist ein wenig zu viel ahn taffel, aber eine gutte stundt oder 5 virtelstundt finde ich nicht zu viel; den sich so sehr mitt dem eßen zu eyllen, ist nicht gesundt. Ey, liebe Louisse, worumb wolt Ihr mir dancken, wen ich Eüch freündtschafft erweiße? Seindt wir den einander nicht nahe genung, umb einander lieb zu haben? Seydt auch versichert, daß ich Eüch all mein leben von hertzen lieb behalten werde!
P. S.
Potz, ich hette schir vergeßen, zu sagen, daß daß nürnbergische pflaster miracle hir thut. Man hatt mich sehr gebetten, noch etliche schachteln kommen zu laßen; bitte also, liebe Louisse, schickt mir noch ein halb dutzendt, schreibt mir aber, waß es Eüch kost! ich wilß gern bezahlen. Ihr könt mir alß ein par auff der post schicken.
Sontag den 30 Julli nachmittags.
Ich entpfange Ewer schreiben vom 21 Julli, werde aber erst zukünfftigen sambstag, so mir gott daß leben verleyet, drauff [327] antwortten, nur heütte sagen, daß ich hertzlich fro bin, daß daß helffenbeine schächtelgen Eüch so woll gefahlen. Daß ist eine wollfeille wahr, werde ma tante auch etliche schicken, weillen ich sehe, daß sie I. L. gefahlen.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 29. Juli 1713 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 324–327
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0586.html
Änderungsstand:
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