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Marly den 28 May 1715.
Hertzallerliebe Louisse, vergangenen donnerstag führe ich nach
Paris. Abendts, alß ich eben ins opera gehen wolt, bracht mir
monsieur Martini ein paquet mitt einem brieff vom baron Sparr.
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Der schrieb mir, daß ein schwedischer edelman ihm ein paquet
überlieffert hette, so er auß Engellandt vor mich gebracht. Ich
dachte gleich woll, daß es daß gar artige agsteinische fläschgen von
I. L. der printzes von Wallis sein würde; aber ich dachte nicht,
einen brieff von I. L. ahn Eüch zu finden, worinen so gar viel
obligente sachen vor mich drinnen stehen, welche[s] mich über die
maßen touchirt, ja recht penetrirt hatt. Es ist mir leydt, daß ich
nicht expressionen genung finden kan, meine erkandtlichkeit ahn
tag zu geben undt mitt welcher estime undt veneration ich I. L.
durchauß ergeben bin undt gar gewiß all mein leben sein werde.
Es ist gewiß, daß ma tante, unßere liebe fraw churfürstin s., mich
durch ihre estime undt tendresse dieße liebe printzessin hatt
kennen machen, vor welcher ich schon wegen dero herrn brüder
inclination hatte; aber dero gütte vor mich hatt mich deroselben gantz
leibeygen gemacht. Also, hertzlieb Louisse, bitte ich Eüch, dießes
I. L. auff Ewer bestes vorzutragen. Ihr könt meine danckbarkeit
undt erkändtlichkeit nicht genung vortragen; den ich bin versichert,
daß ich noch mehr in mir entpfinde. Danckt auch gar dinstlich vor
daß artige fläschgen! Daß goltpulver war gantz evaporirt, aber ma
tante s. hatt mir zwey schachteln voll geschickt, also kan ich es
repariren; werde es all [mein] leben behalten undt verwahren,
weillen es mir von so lieber handt kompt. Hertzliebe Louisse, ich
dancke Eüch auch gar sehr vor daß ahngenehme pressent, so Ihr
mir mittgeschickt habt. Ihr hettet mir woll nichts ahngenehmers
Ewer leben geben können, liebe Louisse, undt weillen Ihr gern
haar von Ewern verwanten undt leütten, so Eüch lieb sein, habt,
so schicke ich Eüch hirbey von mein undt meines bruder s. haar,
so er mir vor seinem endt geschickt hatte; ich hoffe, daß es Eüch
auch ahngenehm sein wirdt. Hier tragen nur leütte armbandt, so sich
piquiren, hübsche händt undt arm zu haben, undt weillen ich gar
nicht damitt begabet bin, so trage ich nur armbändt im sack, aber
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nie ahm arm, habe eygene schachtelen undt beüttel dazu, habe es
allezeit bey mir undt betrachte es offt. Adieu, hertzlieb Louisse!
Hiemitt ist Ewer schreiben vollig beantwortet. Man rufft mich zur
taffel. Gleich nach dem eßen wirdt der churprintz von Sacksen
herkommen, umb vom könig abschiedt zu nehmen. Er ist noch gar
fest in seiner religion. Adieu, liebe Louisse! In dießem
augenblick entpfange ich Ewer liebes schreiben vom 12/23 May; da werde
ich aber heütte nicht auff antwortten, den ich habe vorher noch
eines vom 16/5 zu beantworten, so ich vor etlichen tagen entpfangen,
jetzt aber nur versichern, daß ich Eüch all mein leben von hertzen
lieb behalten werde.