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Paris den 12 November 1715.
Hertzallerliebe Louisse, ich hatte gehofft, Euch heütte einen
großen brieff zu schreiben undt auff Ewer liebes schreiben von
4 November / 24 October exact zu andtwortten. Aber, liebe Louisse,
es ist nicht allein, waß ich vorgenohmen hatte, ich wolte auch ahn
mademoiselle de Malause einen großen brieff schreiben; allein die
medecin von saltz d’Ipsom, so man mir vergangen sambstag geben,
ob es zwar ein glaß weniger war, alß den tag vorher, so hatt es
mich doch 10 mahl so unerhört purgirt, daß ich gantz matt davon
bin. Umb mir ein wenig wider kräfften zu geben, bin ich, weillen
es heütte so gar ein schon wetter war, spatziren gefahren. Wie
ich widerkommen, habe ich nur ahn mein dochter andtwortten
[können]. Den morgen hatte ich ahn den hertzog von Lotteringen
geschrieben, hernach 2 audientzen gehabt vom ambassadeur von
Sicillien undt dem envoyes von Chur-Cöln; ich hatte einen cercle
von 9 damen, 3 printzessinen undt 6 duchessen. Ich bitte Eüch,
macht doch meine entschuldigung ahn mademoiselle de Malause,
daß ich ihr heütte [nicht antworte]! Ich kan Eüch kaum dieße
wenige zeyllen schreiben. Ich glaube, daß nun ein groß geraß in
Engellandt ist, nun der duc d’Ormont undt der chevallier St George
in Engellandt ahngelangt sein. Ihr segt nun woll, liebe Louisse,
daß ich kein unrecht gehabt habe, wen ich gesagt, daß es mir leydt
ist, daß konig Jörgen könig in Engellandt seye. Ich wolte auch,
daß Ihr auß dem landt undt von den boßen leütten weg wehret.
Der printzes von Wallis schreiben hab ich nicht entpfangen. Ich
schicke Eüch einen eloquenten brieff, so mir Mortaissen sohn
geschrieben, recht poßirlich.
[1] Adieu, liebe Louisse! Gott bewahre
undt führe Eüch baldt wider gesundt nach hauß in Teütschlandt!
Wo Ihr aber auch sein mögt, so seydt versichert, daß ich Eüch all
mein leben von hertzen lieb haben werde! Ich bin mat, daß nicht
zu sagen ist.