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Brief vom 11. August 1717

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


845.


[077]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.

St Clou den 11 August 1717 (N. 2).
Hertzallerliebe Louisse, vor zwey tagen, nehmblich vorgestern [078] habe ich Ewer liebes schreiben vom 1 dießes monts zu recht entpfangen, will heütte drauff andtworten; den morgen wirdt es mir ohnmöglich sein, den morgen fahre ich nach Paris. Ehe ich hinfahre, werde ich durch Challiot,[1] wo die königin von Engellandt in einem closter ist undt sich nicht woll befindt, hernach werde ich au Thuilleries, dem jungen könig eine vissitte zu geben, von dar werde ich zu madame d’Orleans ins Palais-Royal, hernach zu mittag eßen, nach dem eßen werde ich etliche medaillen undt müntzen in mein cabinet thun undt meinen gutten freündinen, den Carmelitten, eine kurtze vissitte geben, von dar werde ich wider ins Palais-Royal in die commedie von Heraclius[2] undt le port de mer,[3] welches erst gegen 9 zu ende geht. Also segt[4] Ihr woll, liebe Louise, daß ich kein augenblick zu schreiben haben werde. Es bedarff keine entschuldigung, daß Ihr die post verseümbt mitt der zeittungen; wie sie auch sein mögen, seindt sie doch allezeit neü vor mich. Also macht Eüch, liebe Louisse, kein scrupel hirüber! Daß thut mir nichts, daß mein paquet groß wirdt, den ich habe die post frey undt zahle nichts davor. Denselben tag, daß ich Ewer liebes schreiben no 1 von Franckfort entpfangen, habe ich gleich drauff geantwortet; daß müst Ihr nunmehr entpfangen haben, liebe Louisse, wen die post so geschwindt hin, alß her geht. Setzt Eüch in keinen sorgen nicht, daß Ihr nicht ahn die Rotzenheusserin geschrieben habt! Sie schreibt bitter ungern undt ich bin nun gesundt genung, umb selber zu schreiben, dazu habt Ihr jetzt Ewern eygenen tag, also ist es nicht nöhtig, daß sie Eüch wider schreibt, biß Ihr wider in Engellandt sein werdet; den alßden kan ich Eüch ja nicht, alß der printzessen von Wallis posttagen, schreiben. Es ist leicht zu begreifen, daß Ihr viel werdet zu thun gefunden haben, nachdem Ihr so gar lang von hauß geweßen seydt. Ich bin von hertzen froh, daß Ihr wider gesundt seydt. Gott erhalt Eüch lang dabey, welches ich desto mehr hoffe, weillen Ihr nun wider, gott lob, in einer gutten lufft seydt! Die printzes von Wallis hatt mir schon printz Wilhelm von Hessen beylager bericht, aber I. L. loben die brautt nicht sehr, sagt, sie were gar heßlich undt [079] hatt dabey einen wunderlichen kopff. Printz Wilhelm wider[5] woll gar gewiß regirender landtgraff werden; den es ist kein aparentz, daß sein elster herr bruder kinder bekompt. Wie madame de Langallerie hir war, sagte man schon, daß das kindt, davon sie schwanger war, dem landtgraffen zugehört; sie ist gar nicht schön undt hatt sehr affectirte maniren ahn sich, so wie die galanten damen de la province, den bey hoff ist man nicht affectirt; man kan sie schir nicht ohne lachen sehen, ein ridicul personnage. Langallerie[6] jammert mich recht, ist ein unglücklicher mensch, ich kene ihn sehr; er hatte eine baß, die war von meinen freüllen, bey der war er allezeit, undt wie sie gar fleißig bey mir war, war er auch immer dar. Ich hette mein leben nicht gedacht, daß dießer mensch so närisch werden solte. Es ist rar, Frantzossin undt nicht coquet sein. Ich hatt nie gehört, daß mein vetter, der landtgraff, galland geweßen, alß dießmahl; aber alle mäner, wer sie auch sein mögen, seindt coquetter, alß die weiber, ein[e]r verdirbt den andern in dem fall; den es ist ihnen keine schande. Der graff von Waldeck, so sich zum fürsten hatt machen laßen, ist der pfaltzgraffen von Birckenfelts schwager; ich habe ihn hir gesehen, ich halte ihn nicht vor gar schlaw, er ist dick, fett undt spricht kein wordt einen tag lang. Ich weiß nicht, ob seine gemahlin ihn nun gar lieb hatt, allein sie hatt ihn bitter ungern genohmen. Es soll ihm gar leydt sein, Ewern bruder erstochen zu haben. Ich habe gern lange brieff undt nun segt Ihr woll, daß ich exact andtworte. Adieu, hertzallerliebe Louisse! Seydt versichert, daß ich [Euch], wo Ihr auch sein moget, von hertzen lieb behalte!
P. S.
Ich kan mein brieff nicht überleßen, entschuldiget die fehler, liebe Louisse!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 11. August 1717 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 3 (1874), S. 77–79
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d03b0845.html
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