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St Clou den 14 October 1717 (N. 13).
Hertzallerliebe Louisse, man hatt mir dießen nachmittag 2 von
Ewern lieben schreiben auff einmahl gebracht, daß von 28
September, no17, undt daß vom 2 dießes monts, no 18. Ich kan nicht
begreiffen, wo daß erste so lang muß geblieben [sein]. Habens
Ewer laquayen vielleicht vergeßen auff die post zu tragen undt
haben sie hernach zusamen hingetragen? Ich bitte Eüch, schreibt
mir doch, ob ich nicht mehr ahn meine chiffer gefehlt habe! den
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ich sehe, daß Ihr alle meine schreiben gar richtig bekompt. Liebe
Louisse, Ihr habt mir schon letztmahl geschrieben, daß Ihr daß
kleine hocca entpfangen, ist nur, umb Euch eine idée vom spil zu
geben. Hocca ist gar ein gemein spil; ich kan nicht begreifen, wie
Ihr nie nichts davon gehört habt. Die fraw von Rotzenhaußen
schickt mir alß, waß artigs im Elsaß ist. Sie, die jettons seindt
ein wenig zu dick undt nicht gemäglich mitt zu spillen deßwegen.
Ich habe Eüch, seydt Ihr zu Franckfort seydt, schon, mitt dießem
zu rechnen, 13 mahl geschrieben, habt also noch nicht alle meine
schreiben entpfangen. Ich weiß nicht, ob mylord Holdenesse
[1] bruder
monsieur Parcy oder Darcy
[2] heist; den Ihr habt den ersten
bu[ch]staben ein wenig wunderlich geschriben, man kans auff eine undt
andere manir leßen. Dem seye aber, wie ihm wolle! wen er
kommen, werde ich ihm sagen, daß Ihr mir ihn recommandirt habt; er
hatt sich noch nicht bey mir ahngemelt. Ich bin nicht verwundert,
daß der könig in Englandt dießem cavallier seine charge genohmen,
weillen er im parlement gegen deß königs intention gesprochen. Daß
hatt dem konig in Englandt glauben machen, daß er gegen ihm ist.
Freyllich werde ich mich nicht ahnstellen, alß wen ichs wüste; in solche
händel mag ich mich nicht stecken, werde von nichts reden, alß
von Eüch, von Ewern niepçen undt dem duc de Schomberg, werde
den könig, noch printz, noch printzessin nenen. Ewer elsten niepce
man hatt in meinem sin groß unrecht gehabt, deß königs pension
abzuschlagen; daß macht dem könig glauben, daß er seine gnäden
verracht undt gegen ihm ist, undt daß ist keine manir, umb in
chargen gesetz[t] zu werden. Gegen seinen herrn geht generositet
nicht ahn; könige seindt nicht gewohnt, daß man ihre gnaden
abschlegt, wen man ihnen trew sein. Also habt Ihr gar woll Ewern
neuveu zu filtzen, aber, unter miß gerett, alle Engländer haßen ihre
könige undt es seindt wenige so ihnen trew sein; ehrlich undt
redtlich seindt rare sachen bey den Engländern, wen man sie findt,
solle man sie wie golt bewahren. Ich erinere mich deß graffen von
Essex gar woll, so mitt mylord Portlandt
[3] hir war; es ist kein
häring so dur,
[4] alß er war. Nun betracht ich deß englischen
herrn nahmen noch einmahl undt sehe, daß er Darcy [heißt], daß
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ist aber ein frantzöscher nahm. Mein sohn hatt einen hoffmeister
von dem nahmen, ein gar wackerer, ehrlicher man. Bey mir wirdt
Ewer monsieur Darcy woll entpfangen werden undt werde ihm
Ewertwegen allen gefahlen erweißen, so er von mir begehren wirdt.
Ewer erstes schreiben will ich vor biß sontags-post sparen, nur noch
sagen, daß wir seyder montag große compagnie hir gehabt haben.
Sontag kam unßer großhertzogin von Paris; sie geht alle donnerstag
nach Paris undt kompt sontags wider. Madame d’Orleans ist
montag abendts kommen mitt unßerm duc de Chartre undt
mademoiselle de Valois, werden biß sontag hir bleiben undt den wider nach
Paris, aber die großhertzogin wirdt den tag widerkommen. Es ist
jetzt gar heßlich wetter hir. Madame d’Orleans hatt ihre mygraine.
Adieu, hertzliebe Louisse! Ich ambrassire Eüch von hertzen undt
werde Euch all mein leben lieb behalten.