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St Clou den 20 9br 1718, umb 8 uhren morgendts (N. 30).
Hertzallerliebe Louisse, ich bin heütte 2 stundt spätter
auffgestanden, alß ordinarie, hette aber woll 4 stundt eher auffstehen
können; den ich habe dieße nacht sehr übel geschlaffen, den
vorgestern abendts, weiß nicht wie, oder warumb, [ist mir] ein
abscheülicher husten undt schnupen ahngekommen, daß ich recht kranck dran
bin undt vom abscheülichen husten, alß wen man mir die lenden
geprügelt hette. Meine naß undt lefftzen seindt ein rohes flei[s]ch
undt thun mir bitter wehe. Ich weiß nicht, waß mir den 3ten
sontag begegenen, aber da seindt 2 nach einander, da mirs gar nicht
woll geht. Ich schreibe Eüch dießen morgen, den abends werde
ichs nicht können, den abendts nehmen die flüße alß zu. Gestern
abendts wolte ich ein par wordt ahn mein dochter schreiben. Es
wurde mir ohnmöglich, den meine augen stunden so voller waßer,
daß ich nicht recht sehen konte, muste mich auch ohnauffhorlich
butzen undt war kein vatterunßers-lang ohne husten undt keine
halbe stundt ohne nießen. Seyder einem gantzen jahr hab ich kein
husten undt schnupen gehabt, dießer aber bezahlt die verlohrne
zeit. Aber hiemitt auch genung von meinem heßlichen husten undt
schnupen gesprochen. Ich komme auff Ewer liebes schreiben vom
5 dießes monts, welches ich vergangen donnerstag nicht habe vollig
beantworden können, waren ahn dem gouvernement von Zweybrücken
gebliben. Aber Ihr spottet meiner, mich deßwegen umb verzeyung
zu bitten, daß Ihr mir davon gesprochen. Da ist gar nichts ubels
ahn. Waß mich hatt andtwortten machen, wie ich gethan, ist, daß
ich nicht gewust, daß graff Degenfelt, oder einige seiner verwanten
der cron Schweden jemahlen gedint hetten; den da hattet Ihr kein
wordt von gedacht undt daß endert die sach gantz. Ihr sprecht
mir von Ewer fraw mutter brüder, alß wen ich sie nie gesehen
hette. Ich habe sie alle 4 gar woll gekent; der erste war der blinde
herr von Degenfelt, der hieß Ferdinant, der zweytte war der oberste
Degenfelt, der hieß Christoff, der 3te war herr Max undt der 4te
undt jüngste von allen kindern war herr Hannibal Degenfelt, der ist
page bey oncle s. geweßen. Von den 4 schwestern erinere ich mich
noch gar woll; die erste war die fraw Liebestein, die hernach den
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herrn von Bron geheüraht, so amptman zu Bocksberg wurde; die
zweyte war die raugräffin, Ewer fraw [mutter;] die 3te freüllen
Charlotte; die 4te freüllen Anne Catherine, so den herren von
Wolmershaussen geheüraht hatt. Hirauß segt Ihr, liebe Louisse, daß
ich Ewere verwanten gar nicht vergeßen habe, waß zu meiner zeit
war. Ich habe den nahmen von freüllen Charlotten man vergeßen;
den sie ist erst verheüraht worden, nachdem ich weg bin. Der
könig in Schweden
[1] hatt daß gouvernement von Zweybrücken dem
Poln geben, weillen der könig Stanislas
[2] drumb gebetten. Er ist
dießes königs gutter freündt undt verwanter undt solle großen credit
in Poln haben. Warumb dörfft Ihr, liebe Louisse, nicht sagen,
worinen der graff Degenfelt meinem vettern, dem landtgraffen,
gedint hatt? den daß ist ja lobenswehrt. Daß geheimnuß kan ich
nicht begreiffen. Ich werde nichts davon sagen. Der Guenault,
seüfft er nicht? Er sicht ein wenig darnach auß mitt seiner scheffen
peruque. Wen die leütte, so durch pasport kommen, wen sie so
waß ahnfangen, schadt es allen Reformirten undt macht die pfaffen
außrührisch.
[3] Alleweill kompt man mir sagen, daß der junge graff
von Leiningen-Westerburg gestern abendt gestorben, einer von den
frombsten, tugendthaff[t]sten jungen menschen, so ich mein leben
gesehen; kam gar offt zu mir zu Paris, alle tag, war hübsch undt woll
geschaffen. Er ist ahn einem hitzigen fieber gestorben. Der
[4] printz
von Durlachs docktor hatt ihn tractirt, hatt ihn nicht wollen zur
ader laßen, weillen er es sein leben nicht geweßen. Ich glaube,
daß, wen man ihm zur ader gelaßen hette, würden es seine fabelley
gestilt haben undt daß fieber vermintert haben; aber es hatt so sein
müßen, seine stundt war kommen. Ihr dörfft Eüch, liebe Louise,
keine gedancken machen über deß monsieur Gueneaud übelles
beginen; daß ist Ewere schuldt nicht, wen sie waß närisch thun.
Ihr habt woll gethan, der damen die vorsprach abzuschlagen, so
ihre dochter widerhaben will, so man in ein closter gethan; den
daß ging nicht ahn, man würde sie nicht ihrer mutter widergeben,
die mutter were den catholisch. Über monsieur Marion hatt kein
mensch geklagt. Ich dachte nicht, daß kauffleütte pasport von
nohten hetten. Zu Paris seindt wenig unschuldige divertissement,
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alles fleisch dort hatt seinen weg verkehrt. Ewere liebe schreiben
sein nie zu lang; den, wie Ihr segt, kan ich es nicht auff einmahl
beantwortten, so thue ich es in zwey. Bekomme ich heütte noch
ein schreiben von Eüch, werde ichs Eüch berichten, liebe Louise,
aber es erst biß donn[e]rstag beantworten, wo mir gott daß leben
lest. Adieu, hertzliebe Louisse! Seydt versichert, daß ich Eüch
all mein leben von hertzen lieb behalte! Da sehe ich meinen sohn,
so auff der brücken ist, habe just zu allem glück außgeschrieben.
Sontag, umb 6 abendts.
Ich habe dießen nachmittag ein liebes schreiben von Eüch
entpfangen, liebe Louisse, von 8 dießes monts, no 88. Entweder habt
Ihr nicht recht chiffrirt, oder es fehlt mir eines von Ewern lieben
schreiben. Ich habe heütte morgen woll recht gehabt, wie ich Eüch
gesagt, daß ich heütte nicht auff Ewer liebes schreiben würde
andtwortten können; den wie ich von taffel kommen, habe ich noch
eine zeit lang mitt meinem sohn geblaudert, so mitt unß zu mittag
geßen hatte. So baldt er weg ist, habe ich meine brieffe, so ich
durch meinen courir bekommen, leßen [wollen;] weillen ich aber
in 2 nächten nur 2 stundt geschlaffen, hatt mich der schlaff
überfahlen, undt [ich bin] erst wacker worden, wie man ins gebett
geleütt, bin in
[5] 5 auß der kirch kommen, da eben madame de Berry
in den hoff gefahren, so jetzt eben wider weg fahrt, undt ich habe
noch ahn mein dochter zu schreiben, muß also Ewern brieff, wie ich
schon heütte morgen resolvirt hatte, biß auff donn[e]rstag sparen.
Es ist eine heßliche sach mitt husten undt schnupen; man kan nicht
die helfft thun, waß man will. Ihr sagt nicht, waß Eüch die
durchleüchtigste welt kost; ich hoff, Ihr werdt mirs schreiben, wen Ihr
mir sich
[6] schicken werdet. Adieu, liebe Louisse! Ich ambrassire
Eüch von hertzen.