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St Clou den 17 Augusti 1719 (N. 12).
Hertzallerliebe Louise, wie ich eben die feder genohmen hatte,
auff Ewer liebes schreiben vom 1 dießes monts zu antworten, so
ich vergangenen sontag entpfangen, so hatt man mir eben daß
gebracht vom 5 Augusti, no 62. Aber weillen dieß letzte mir
nohtwendiger zu beantwortten stehet, will ich daß erste noch vor ein
andermahl sparen, heütte aber auff daß frische andtwortten. Unß[ere]
brieffe gehen nun gar richtig. Ich würde nur gar einen kleinen
voile ohne voile-mantel ahn thun, wen ich in ceremonien ging; den
die witwen tragen nur einen kleinen voile, aber meine damen, so
keine witwen, müsten floße
[1] mantel ahnhaben. Vor einem schwager
tregt man hir im landt keine trawer in tuch, nur vor man, vatter
undt mutter; man tregt rat de St Mor de laine undt stoff von
zigenhaar, so noch leichter ist. Die abscheüliche hitze spürt man
heütte, gott lob, nicht; den dieße nacht hatt es einmahl gerechnet
[2]
mitt einem zimblich starcken donnerwetter, welches aber gar nicht
lang gewehrt, doch genung, umb den staub abzulegen undt daß
wetter zu erfrischen. Paris ist voller kranckheitten, kinderblattern,
rodtlen, fleckfieber undt sonsten hitzigen fieber; auch sterben
unerhört viel leütte; die cureux
[3] haben kaum zeit zu eßen, so viel
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haben sie zu begraben. Kontet Ihr gedencken, liebe Louise, daß
ich manquiren können, sobaldt ich deß duc de [S]chonburg todt
erfahren, Coubert undt waß er hir im landt [hatte,] vor seine döchter
außzubitten? Da kont ich nicht ahn manquiren. Caroline ist mir
zu lieb geweßen, umb nicht vor ihre kinder zu sorgen; undt wen
es gleich umb Caroline s. wegen nicht geweßen were, würde es doch
Ewertwegen geweßen sein, liebe Louise! Den mir ja woll bewust,
wie sehr [Ihr] Ewer[e] niepcen liebt. Ich bin schon genung vor meine
mühe bezahlt, weillen es Eüch undt ihnen ahngenehm geweßen. Ich
wünsche, daß alle Ewere sachen mitt den leben nach Ewern wunsch
außschlagen mögen. Der graff Konigseek
[4] ist schon lengst weg. Biß sontag
wirdt es 4 wochen werden, daß er von Paris verreist ist, undt es ist
noch kein anderer in seinem platz; also kan ich ahm keyßerlichen hoff
nichts recommandiren. Wen wünschen waß gelten konte, würdet Ihr
gewiß gutte andtwort vom keyßer undt Chur-Trier bekommen. Daß
ärgert mich allezeit, wen neügebackene edelleütte der alten heüßer
gütter bekommen. Ich weiß dem keyßer recht danck, alte gutte
heüßer zu lieben. Könt ich mittel finden, Eüch undt die Ewerigen
zu dinnen, würde ich es von hertzen gern thun. Wie Ihr mir daß
schonburgische stamhauß beschreibt, so ist es wie die schlößer,
welche ich mehr, alß gespenster, förchte. Wen ich so ein schloß
ruinirt sehe, wie Schrißem ist, felt mir gleich ein schauder übers
hertz; muß es doch allezeit ahnsehen. Gott verzey mirs! aber es
kompt mir poßirlich vor, daß der herr von Sickingen, so alle welt
erb[e]n wolte
[5], selber gestorben ist. Sein testament ist auch
poßirlich, indem es nur auff deß churfürsten gnaden bestehet. Es ist
betrübt, gutte geselschafft zu verliehren; den daß macht manche
betrübte gedancken vergehen undt gibt distraction. Ich fürcht, wie
Ihr mir die kleine Veningen beschreibt, daß sie nicht schön wirdt
werden. Der Eberfritz war eben nicht heßlich vor ein man, aber
es were keine schönne jungfer geweßen. Es ist woll waß gar rares,
wen Frantzoßinen kinder woll erzigen
[6]; den daß wißen sie ahm
wenigsten, machen entweder coquetten oder bigotten auß ihnen undt
selten waß rechts. Ich habe nicht gern, wen kleine medger zu
ernstlich sein; den
[7] wollen sie capabel sein undt werden impertinent
undt unleydtlich; sehe viel lieber, daß sie kindisch sein. Die freüllen
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von Degenfelt muß doch ein gutt naturel haben, daß sie geweint,
wie sie von Eüch gangen. Gutte gemühter reparirt alles. Ihr habt
so ein guttes gemüht, daß es mir gar nicht wunder nimbt, daß Ihr
umb Ewern schwager betrübt geweßen, wen es auch nur were, Ewere[r]
beyder niepcen betrübtnuß zu wißen; ich hoffe aber, daß Ihr nun
getröst werdet sein undt in der trostlichen hoffnung leben, Ewere[n]
neuveu, den graff Degenfeldt, undt seine gemahlin baldt wider zu
sehen. Ich sage von hertzen amen zu alle gutte wünsche, so Ihr
Ewern neveuen undt niepcen thut. Ich habe Eüch mein leben nicht
von bößen humor accussiren hören, aber woll, daß Ihr Eüch zu
leicht über alles betrübt. Nein, man helt Eüch nicht vor
abgeschmackt; contrarie, alle menschen, so Eüch kenen, sagen, daß Ihr
verstandt habt, daß mans Eüch in den augen ahnsicht, aber noch
mehr, wen man mitt Eüch spricht. Alle menschen können nicht
poßirlich sein; daß ist auch nicht nöhtig, man kan woll ahngenehm
ohne daß sein. Es ist gar gewiß, daß mitt dem alter alle lust
vergeht. Ich weiß schir nicht mehr, waß lachen ist
[8]; man wirfft mirs
offt vor, aber ich kans nicht endern. Ich meinte, Ihr würdet auch
nach dem Schlangen[bad,] so woll alß die fürstin von Ussingen
nach Schwalbach. Ich weiß nicht, ob Ihr unßern printzen von
Birckenfelt kent; der wirdt sich nun baldt verheürahten mitt der zweytten
niepce von der graffin von Buckenburg, der gräffin von Nassau
Sarbrücken dochter. Es geht ihm wie le seigneur Anselm, il se marie
en age mur; den auff weinachten wirdt er 45 jahr alt werden. 2
stattger
[9] seindt im grundt verbrandt, St Menhout undt la Charité
[10].
In dießem letzten seindt 1300 heußer verbrendt. Daß ist alles, waß
ich neües weiß. Ich glaube, ich habe Eüch schon geschrieben, daß
mein sohn nicht gehen kan; hatt sich einem
[11] fuß vertretten. Ich
habe ihn gestern besucht, kam früh wider her
[12]. Adieu, liebe
Louisse! Da ist Ewer liebes schreiben exact beantwortet; bleibt
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mir nichts mehr überig, alß Eüch zu versichern, daß ich Eüch von
hertzen lieb behalte.