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Brief vom 8. Januar 1722

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1293.


[306]
Paris den 8 Januari 1722 (N. 56).
Hertzallerliebe Louise, in dießer wochen habe ich zwar 4 von Eweren lieben schreiben zu recht entpfangen, aber sie erst vorgestern habe leßen können; habe nur so viel zeit gefunden, Eüch zwey mahl zu schreiben, umb zu weißen, daß ich wider woll undt nicht gestorben bin, also Eüch auß sorgen zu setzen, liebe Louisse! Den ich bin persuadirt, daß Ihr mich lieb habt, wie ich Eüch auch habe. Ewere liebe schreiben seindt vom 13, 16, 20 undt 23 December 1721, no 89, 90, 91, 92. Ich will bey dem frischten ahnfangen undt mich mitt Eüch erfreüen, daß Ewer niepce, gott lob, so glücklich niederkommen, wie ich gewünscht, undt Eüch zum Christkindtgen einen hübschen sohn beschert, wozu ich viel glück undt vergnügen wünsche undt daß ihn unßer herrgott lang erhalten möge. Ich bitte Eüch, liebe Louise, macht mein compliment ahn sein herr vatter, fraw mutter, großmutter deßwegen meinetwegen machen[1]! Wen diß kindt so glücklich wirdt, alß ich es wünsche, werden seine eltern undt lhr, liebe Louisse, einen großen trost undt freüde ahn dießem graff Friderich Christoff erleben. Ihr habt mir einen gefallen gethan, seinen nahmen zu schreiben; den von kindern, vor welche ich mich interessire, mögte ich alß gern die nahmen wißen. Ich aprobire sehr, daß Ihr keine große kindttauffe gehalten habt; daß macht nur unkosten, so ruiniren undt zu nichts [307] gutt [sind]. Ich habe all mein leben sagen hören, wie ich noch in Teütschlandt war, daß die große kindttaüffe undt begräbnuß alle große heüßer ruinirt haben. Es ist woll ein unnöhtiger unkosten in meinem sin. Ich habe 4 herrn von Degenfelt gar woll gekendt, aber es hatt nur einer davon Christofel geheißen, nehmblich der oberste; der elste hieß Ferdinant, der zweytte Christoff, der 3 Maximillian undt der 4te Hannibal. Da segt Ihr woll, liebe Louise, daß ich mich Ewerer onclen noch woll eriner[e]. Man taufft nirgends ke[i]n k[i]ndt ohne zeügen. Hore gern, daß die von Ewer[e]r kinttauff sich so lustig gemacht haben. Man macht sich offt viel lustiger in einer kleinen geselschafft, alß in einer großen. Aber da kompt madame la duchesse d’Orleans herein, ich muß eine pausse machen. Diß ist schon die zweytte, meine erste interuption war die große printzes de Conti.
Da ist madame la duchesse d’Orleans fort. Gott bewahre unß vor weittern verhinternuß! Aber da kompt mir eine, über welche ich nicht zörnen kan, den es ist mein lieber sohn. Wen er wider weg wirdt sein, werde ich Eüch weitter entreteniren. Mein sohn ist ein gutt stündtgen bey mir geblieben, nun komme ich wider auff Ewer liebes schreiben. Ah, da bringt man mir wieder ein paquet von Eüch, liebe Louise, von 27 December, no 93. Gott weiß, wen ich drauff werde andtwortten konnen, will derowegen nur in eyll drauff sagen, daß ich Ewern brieff gleich ahn monsieur le Fevre geschickt habe. Seindt versichert, liebe Louise, das ich ihm in allem, waß mir möglich sein wirdt, ahn die handt gehen werde! Ich bin fro, liebe Louise, daß die bagattellen, so ich Eüch zum neüjahr geschickt, Eüch ahngenehm geweßen, wie auch, daß meine prophezeyung so glücklich abgangen undt Ewere niepce nach meinem wünsch ein söhngen bekommen undt sich beyde woll [befinden]. Der junge graff Degenfelt wirdt mitt der zeit ein großer jager werden, weillen er mitt jagt-horrnern ist entpfangen worden. Der bal hatt mich lachen machen. Ich muß gestehen, liebe Louise, unßere groste sprung sein vorbey. Seyder I. G. s. unßers herr vatters todt hab ich nicht mehr gedantzt; ich glaube nicht, daß ich einen schritt mehr in cadance[2] thun konte. Der herr von Degenfelt, so in Schweden geweßen, ist sehr apropo kommen auff seines [308] neveux geburdtstag. Mir würde Schweden nicht gefahlen, den ich haße die kälte. Der könig ich[3] Schweden[4] wirdt überall wegen seiner großen gütte gerümbt. Die tage seindt noch gar kurtz, aber, gott lob, bey dem licht schreiben schadt mir nichts. Ich dancke vor die teütsche vers, seindt woll gestelt. Ich hatte gehofft, auff wenigst heütte ein par von Ewern lieben schreiben beantwortten [zu können], aber es ist mir ohnmoglich. Ich hatte gemeint, daß mein paquet auff den neüjahrstag erst ahnkommen würde, weillen sie so langsam gehen. Adieu, liebe Louise! Seydt versichert, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 8. Januar 1722 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 306–308
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b1293.html
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