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Versaille den 12 December 1694.
Hertzliebe Louise, ma tante paquet ist dießen abendt so spät ahnkommen, daß ich ohnmöglich heütte werde auff Ewer schreiben vollig andtwortten können, versichere aber, daß ich es biß donnerstag thun werde, sage Eüch nur hirmitt großen mächtigen danck, daß Ihr mir den großen Virgillius schencken wolt. Man sagt im frantzoschen sprichwort:Les petits pressent entretienent lamitié; daß wirdt den daß auch thun undt nehme es zu danck ahn. Ich bitte aber, schickt mir auch den in vers, aber auff meinen kosten! den es were nicht billig, daß ich Eüch allezeit ungelegenheit machen solte, meine liebe Louisse! Ewer schwester undt bruder ambrassire ich von hertzen undt Eüch auch. Ich schicke Eüch hirbey ein fichu, so jetzt a la mode ist undt welches man auff den halß tregt. Es ist zu Tripoli brodirt worden, also waß rares; man hatt mirs heütte verehrt undt mich deücht, man hatt gerne die moden in Teütschlandt, drumb schicke ichs Eüch. Man tregts nicht en grand habit, sondern nur en manteau undt robe de chambre, undt wen man vornen geschnürt ist, ziehen sie die zwey endt vom fichu durch den schnur-nestel auff beyden seyden. Gutte nacht, liebe Louisse! Ich muß schließen, es ist schon über 7 undt mein paquet muß noch nach Paris. Schließlich versichere ich Eüch nur, daß ich Eüch von hertzen lieb habe undt allezeit haben werde.