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Brief vom 16. Dezember 1694

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


2025.


[524] [1]

A madame Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Versaille den 16 December 1694.
Hertzliebe Louisse, ich habe Eüch vergangen sontag versprochen, daß ich mitt der ersten post völlig auff Ewer liebes schreiben antworten wolle vom 17/27 November, welches ich ohnmöglich damahlen habe thun können; stelle mich also hirmitt nach meinem versprechen ein undt sage nochmahlen großen machtigen danck nicht allein vor den Virgillius, so Ihr mir schicken werdet, sondern auch vor die freüde, so Ihr mir bezeügt, liebe Louisse, dieße commission von mir bekommen zu haben. Carl Moritz bitte ich auch von meinetwegen vor seine mühe, die er deßwegen genohmen, zu dancken, undt ambrassirt ihn davor meinetwegen! Wie ich sehe, so ist man voller precautionen, waß man auß Teütschlandt nach Franckreich schickt. Weill Ihr nur auß complaissance spilt, müst Ihr daß spiellen eben so wenig, alß ich, lieben. Ich glaube nicht, daß von denen, so geheürahtet sein, man unter hunderten ein mensch findt, so nicht gestehet, daß der ledige standt beßer ist, undt nichts ist rarers in der welt, alß gutte ehen, bin also gantz Ewerer undt Amelisgen meinung. Die gutte worter seindt gutt, so Eüch Churpfaltz gibt, allein von gelt lebt man beßer. Wie ich sehe, so habt Ihr eben so sehr den frieden zu wünschen, alß alle welt; ich sehe aber leyder noch wenig ahnstalt dazu. Mein sohn hatt seines dochtergen todt all lang verschmertzt; es war ein heßlich schätzgen, so nicht[s], alß greinen, thate. Bedancke mich vor den gutten wunsch, so Ihr mir thut, niemandes von den meinigen ferner zu verliehren. Der pfaltzgraff, so hir ist, scheindt gar raisonabel undt polie zu sein; war gestern abendts undt dießen gantzen morgen bey mir. Er wirdt baldt zu Franckfort sein, den er wirdt zukünfftige woche wider hir weg. Wen Ihr ihn sehen werdet, so erforscht doch ein wenig, ob er mitt mir zufrieden ist! Ich habe mich nichts gegen I. L. wegen seiner lieb mercken laßen undt nicht von dem frewllen von Horn gesprochen. Ich kan nicht glauben, daß ein abgetheillter her[r], wie der zweite hertzog von Weimar sein muß, eine gar avantageusse parthey sein kan. Nichts lernt einem mehr daß serieux sein, alß daß heürahten, nimbt mir also gar kein wunder, daß princesse [525] Charlotte von Homburg es nach ihrem beylager geworden ist. Dießer hertzog muß seine erste gemahlin baldt vergeß[en] haben, weill er nicht hatt wartten können, biß seine trawer auß. Herr Ferdinant, deücht mich, fängt eine große reiße vor sein alter ahn, den er kan ja nicht gar jung mehr sein. Daß ich ahn Eüch, liebe Louisse, undt Ewer geschwisterig fleißig gedencke, ist kein wunder, wir seindt einander ja nahe genung dazu. Ich weiß nicht, waß andere fürstinen vor gemühter haben; allein ich habe mir mein leben nicht einbilden können, daß man denaturé sein müste, in waß vor standt man auch sein mag, undt weillen ja nichts trawerigers in der welt ist, alß ohne freündtschafft leben, so deücht mir, daß es noch natürlicher ist, diejenigen zu lieben, so von seinem eygenen geblüdt sein, alß frembten, insonderheit, wen sie, wie Ihr undt Ewere geschwisterig, estimabel sein. Seydt derowegen versichert, liebe Louisse, daß ich Eüch allezeit recht lieb haben werde undt auch behalten!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 16. Dezember 1694 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 524–525
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b2025.html
Änderungsstand:
Tintenfass