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Brief vom 4. November 1677

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


15.


[016]
Versaille den 4. Nov. 1677.
… Ich gehe alle 2 tage undt sehr offt 2 undt 3 tage nach einander mitt dem König auff die jagt, undt wir jagen hir nicht weniger alß zu Fontainebleau. Der lust von der hirschjagt ist unßerm König jetzt gantz auffs neue ahnkommen, deß bin ich recht froh undt ich folge ihm so offt es möglich ist, denn ich liebe die jagt ebenso sehr als I. M. undt das ist ein rechter lust vor ein rauschenblatten knecht wie ich bin, denn man darf sich da nicht viell butzen noch rott ahnthun[1] alwie bey den bal. Aber apropo von bal: es ist mir lieb, daß E. L. undt Dero printzes, mein patgen, sich so woll zu Antwerpen divertiret haben[2]. …
Gott gebe, daß wir unß in unßerer meinung betrogen finden mögen in dem waß unßere princes zu Heydelberg ahnbelangt, umb auch alle discursen zu endigen, so man helt über die proposition, so I. G. der Churfürst ahn I. G. die Churfürstin mein fraw mutter hatt thun laßen[3], welche ich ahnfangs nicht hab glauben können, weillen ich von hauß kein wort davon vernohmen, nun aber nicht mehr zweiffele, weillen E. L. mir es schreiben. Dießes thut I. G. dem Churfürsten einen großen tort hir im lande undt man sagt auch, daß I. G. sich nicht von I. G. mein fraw mutter scheyden könne ohne daß es meinem bruder undt mir tort undt affront thete; [017] derowegen habe ich Monsieur hirüber gantz allarmirt gefunden; selbiger hatt mir auch gesagt, daß dieße sache dem König gar wunderlich vorkomme, ich aber habe Monsieur gebetten, gedult zu haben biß daß ich recht erfahren möge, wie es umb den handel stehe, denn ich kan schwerlich glauben, daß I. G. der Churfürst meinem bruder undt mir wolle unrecht thun, erstlich auß vätterlicher affection, so ich jederzeit bey I. G. vor unß beyden gespürt, undt zum andern, so kan ich noch viel weniger glauben, daß I. G. unß begehren einen affront zu thun, weillen wir I. G. so nahe sein, daß derselbe affront wieder auff I. G. fallen müste; zudem so weiß papa auch woll, daß ich jetzt ahn einem ort bin, wo man solches wenig leyden würde. Dem seye nun wie ihm wolle, so wünsche ich doch von hertzen, daß I. G. der Churfürst ahn dergleichen propositionen nicht mehr gedencken möchte, sondern den lieben Gott walten laßen. … Ich wünsche viel lieber, daß unßer gantze linie endtlich verleschen möge, alß daß man I. G. dem Churfürsten sachen zumeßen möchte, die I. G. uberall undt insonderheit hir im landt einen solchen großen tort theten. …
Was die raugräffliche döchter[4] ahnbelangt, so möchte ich von hertzen wünschen, daß sie woll versorgt sein möchten; die raugräffin[5] entbotte mir kurtz vor ihrem todt durch meine amme: ich solte Carlin[6], mein pate, hir im lande verheürahten. Hir aber heüraht man sich nicht ohne gelt, undt weillen ich nicht weiß, ob sie reich sein oder nicht, hab ich auch nichts vor ihr suchen können, wenn aber solches papa ernst were, müste man mir erst schreiben, was sie vermögen, vielleicht würde man alßdan jemandes finden können. Aber weillen, wie E. L. sagen, jetzt ein graff Wittgenstein umb sie ahnhelt[7], so wirdt solches auch woll ohne zweiffel vor sich gehen. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 4. November 1677 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 16–17
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0015.html
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