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Brief vom 24. November 1677

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


16.


[017]
St. Germain den 24. Nov. 1677.
E. L. wehrtes schreiben vom 26. Oct. habe ich zu endt der vergangen woche zu Paris entpfangen, undt weillen ich darauß ersehe, daß es E. L. lieb ist, daß Corneille[1] seine commedien wider à la mode werden, so muß ich E. L. sagen, daß man jetzt die allerälsten nach einander spielt undt das ist der gröste spaß, den ich zu Paris hab, wenn ich dorten bin. Der arme Corneille ist so froh darüber, daß er mir versichert, daß es ihn so sehr [018] verjüngt hette, daß er wider noch eine hübsche commedie vor seinem endt machen will; möchte wünschen, daß ich so glückseelig sein mögte, E. L. in dießelbe zu führen, aber ich förchte, daß der krieg lenger werden wirdt, alß deß gutten alten Corneille sein leben. Aber apropo vom krieg: Monsieur hatt mir heütte ein brieff vom printzen von Oranien gewießen, worinnen er I. L. part von seinem heüraht giebt[2], welcher vergangen Sontag 8 tag oder vergangen Sontag ist vollzogen worden. Es ist mir recht posirlich vorkommen, ein brieff vom printzen von Oranien in Monsieur händen zu sehen, denn ich bin nicht persuadirt, daß obgemelter printz seider vergangenen Aprill Monsieur, ob er zwar sein oncle ist, so lieb hatt, alß ich E. L. herren habe, drumb ist mir dieße ceremoni wunderlich vorkommen. Ich wolte, daß der König in Engelandt[3] undt der hertzog von Jorck[4] dießen neuen eheman[5] bereden mögten, daß er den frieden machte, denn mich deücht, daß, wan man nur einmahl einen ahnfang vom frieden sehen könte, so würde es hernach alles nachfolgen; solte man aber dießen zukünfftigen frühling wider zu felde ziehen, so wirdt es der printzessen von Jorck[6] woll waß frembt vorkommen, gantz alleine in dem Haag zu bleiben. Es seindt hir leütte, so sie kürtzlich in Engelandt gesehen haben, die sagen, daß sie woll geschaffen, aber nicht hübsch von gesicht seye, sondern gar eine große naße habe, undt E. L. haben mir einmahl geschriben, daß des printzen seine seyder den kinderblattern dem sands nicht ungleich seye, also wirdt es ein miracle sein, wenn ihre kinder stumpffnaßen werden; sie haben beyde, wie man im sprichwort sagt, noch eine naße bey kommen, indem die hertzogin von Jork inß kintbett von einem sohn kommen, welches woll erweist, daß der arme printz von Oranien unglücklich in allem ist. Md. de Harbourg ihre genalogi hab ich geleßen[7], kan aber die preuvé nicht woll sehen, daß sie von König- undt fürstlichem stam endtsproßen seye. Ich will die rechte machen laßen undt sie E. L. schicken, welche mir aber nicht 2000 thaller kosten wirdt undt alebenwoll so warhafft [019] alß dieße sein. Es ist nicht schwer zu glauben, daß ihre mutter eine burgersfraw geweßen, denn man kan hir woll unter allen duc[s] undt duchessen, so hir sein, keine 3 finden, so nicht eben daßelbe in ihren genalogien finden würden; alles ist hir verquackelt, undt sie gestehen selber, daß nicht ein geschlecht zu Franckreich ist, so 4 ahnen von vatter undt mutter beweißen könte. Daher laße ich E. L. selber gedencken, von welch ein groß geschlegt die obgemelte Dame sein muß, undt were es woll in den heyligen geist gesundiget, wenn ein solch stück fleisch, wie dieße ist, einen solchen praven printzen, wie ich von mäniglich höre, daß E. L. elster printz[8] ist, solte unrecht thun[9]. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 24. November 1677 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 17–19
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0016.html
Änderungsstand:
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