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Brief vom 25. April 1693

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


168.


[183]
St. Clou den 25. April 1693.
… Ich habe gestern zu Paris das neüe opera von Alcide[1] gesehen zum ersten mahl; ich finde es nicht gar schön undt kompt in meinem sinn bey weittem den alten operaen nicht bey. Der 3. actus ist doch all hübsch undt der 5te, aber der prologue deücht gar nichts; die wortter gefahlen mir auch gar nicht. Man hört jetzt zu Paris von nichts alß von stehlen undt wie die diebe in die heüßer brechen. Bey mad. de Bregie[2] hette man braff stehlen können, denn man weiß noch nicht alles was sie hinterlaßen undt bißher hatt man schon bey 900,000 francken gefunden; man meindt, daß es endtlich noch auff ein million außgehen wirdt. Sie hatt ihr gelt in alte lumpen versteckt gehabt, undt vorgestern hatt man noch 200 pistollen in [184] einem alten schu gefunden. Gleich nach ihrem todt fundt man 5000 pistollen baar gelt undt in einem alten ermel ein contract paiyable an porteur von 300,000 francken. Die arme fraw hatt all das gelt gespart vor ihre kinder, so sie all ihr leben geplagt undt verfolgt haben, undt hatt sich kein augenblick gutte tage davor gethan. Mich hatt sie 500 pistollen geben undt gebetten, sie nach ihrem todt den armen in spittälern zu geben; drumb gehe ich morgen nach Paris pour faire et regler cette oeuvre pieuse. Ich hoffe, das wirdt mich in gutten geruch bey die devotte bringen undt daß sie mich hernach weniger haßen undt verfolgen werden…
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 25. April 1693 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 183–184
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0168.html
Änderungsstand:
Tintenfass