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Brief vom 6. Februar 1695

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


193.


[205]
Versaille den 6. Februari 1695.
… Es ist gewiß, daß Lassé einer von den feinsten Frantzoßen ist, so hir ahm hoff. Ich kan nicht begreiffen, wie die dame von Lawenaw[1] [206] sich entschuldigen will, indem sie in ihrer entschuldigung einen falschen grundt setzt, denn alle, die Lassé[2] kennen, sehen ja woll, daß er gar kein geck nicht ist. Die Venitianer müßen curieuse leütte sein, außzuspioniren, waß ihnen gar nicht ahngeht, es seye denn, daß dießer Venitianer selber jalous von der damen war. Wer einmahl ein solch leben gewont hatt wie dieße dame, entwehnt es selten. Mich deücht, sie war zu jung, auff ihre eygene handt allein zu reißen; man hette beßer gethan, sie bey E. L. zu laßen, alß nach Venedig zu führen. Ich bin fro, daß patte[3] die sach ein wenig verschmertzt. Ich glaub, er besucht seine gemahlin[4] auß charitet, denn sie hatt trost von nöhten. E. L. werden eine charitet begehen, Carl Moritz[5] in I. L. des Churfürstens von Brandenburg dinsten zu bringen. … Vor zwey tagen habe ich noch eine greüliche boßheit von der alten zot erfahren: vor zwey jahren war mons. le dauphin willens, mein dochter zu heürahten undt hatt es der alten kunckunckel[6] gesagt; dieße widersprach ihm nicht, denn sie fürchte, er würde desto eher dem König davon sprechen, wie er es willens war; derowegen ließ sie die princes de Conti hollen undt ihre confidentin, die madlle Choin[7], undt befahle ihnen, mons. le dauphin keine ruhe zu laßen, biß er ihnen beyden versprochen, nicht mehr ahn dießen heüraht zu gedencken. Dieße haben den gutten dauphin 2 monat nacht undt tag kein ruhe gelaßen, biß er es ihnen versprochen undt auch gehalten. Da sehen E. L., waß obligation ich dießer alten habe, daß sie nicht allein meinen sohn corompirt, einen schlimmen heüraht zu thun, sondern auch meiner dochter glück verwehrt, habe also wenig menagement vor sie zu haben, undt macht sie dießen brieff auff, wirdt sie nur ihre warheitten drinen finden, frag also gar nichts darnach, denn sie kan mir nichts mehr übellers thun, alß sie mir schon gethan hatt, undt hoffe, daß sie dafor in die helle wirdt fahren, où la conduisse le Pere, le Fils et le St. Esprit, so endigte ein kleiner capuciner hir seine predigt immer: vous irés en enfer, où vous conduisse etc.; drumb hab ich meinen text auch damitt geendiget vor die alte zott. … [207]
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 6. Februar 1695 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 205–207
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0193.html
Änderungsstand:
Tintenfass