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Fontainebleau den 5. October 1695.
… Ich sehe, daß hertzog Christian
[1] von meiner natur ist undt fett
von fatiguen wirdt. Seyder ich hir bin, thue ich nichts alß jagen undt bin
leyder noch ein daumen breit dicker worden alß ich war, wie ich her kame.
Daß König Wilhelm aber so braff fatiguiren kan mitt seinem asme
[2], ist
woll zu verwundern. Meiner fraw mutter s[eelig] ihr Meyßenbuch hatt mich
gar zu offt in meiner kindtheit weinen machen, umb daß ich mich seiner nicht
erinern solte, sagte alß er müst mich heürahten, ich were ihm versprochen,
wie ich geboren were. Es wundert mich, daß er noch lebt, muß doch jetzt
gar alt sein. Man sagt hir, König Wilhelm wirdt die princes von
Brandenburg heürahten
[3]. Er hatt sich bey freündt undt feindt eine uberauß große
estime dieße campagne zuwegen gebracht; es ist nicht zu beschreiben, wie
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sehr dießer König überal gelobet wirdt. Es scheindt, daß König Wilhelm
jetzt recht gelernt hatt, wie man mitt den Frantzoßen umbgehen muß … Mich
deücht, vor dießem lachte oncle doch woll etlich mahl von hertzen. Das
benimbt mir alle ambition, wenn ich sehe, daß die, so mitt stadtssachen
umbgehen, allezeit serieux undt gar offt gritlich sein; ich glaube, man lebt lustiger
ohne affairen. Mons. le dauphin ist ein unergründtlicher humor, sagt sein
leben nicht was er denckt; man sicht nie, daß ihm etwaß sonderlich verdriest
noch erfrewet, man spürt auch nie, ob er sich woll divertirt oder ob ihm
die zeit lang felt …