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Port Royal den 2. Augusti 1696.
… Mons. Helmonts meinung will mir nicht recht im kopff, denn
ich kan nicht begreiffen, was die seele ist undt wie sie in einen andern leib
kan kommen; nach meinem schlechten sinn zu raisoniren solte ich eher
glauben, daß alles zu grunde geht, wenn wir sterben, undt nichts von unß übrig
bleibt, undt jedes element, wovon wir worden, seine parthie wider zu sich
nimbt; umb wider waß anderß zu machen, es seye ein baum oder kraut oder
sonst waß, das wider zur nahrung der lebendigen creaturen dint. Die gnade
Gottes, deücht mir, kan allein die seele unsterblich glauben machen, denn
natürlicher weiße kompt es einem eben nicht im kopff, insonderheit wenn man
sicht, wie die leütte werden, wenn sie einmahl gestorben sein. Gott der
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allmächtige ist so unbegreifflich, daß mir deücht, daß es seiner allmacht zuwider
undt zu kleinerlich ist, wenn wir ihn in den schrancken unßer ordre wollen
einschließen. Wir menschen, die reglen haben, können gutt oder böß sein,
nach dem wir die reglen folgen oder dawider thun; aber wer kan dem
Allmächtigen gesetze geben? Auch ein rechtes zeichen, daß wir nicht begreiffen
können, was Gottes güte ist, ist, daß unßer glaube unß weist, daß er zwey
menschen erstlich erschaffen, denen er geratt einen ahnstoß geben, umb zu
fehlen, denn was war es nöhtig, einen baum zu verbietten, hernach den fluch
auff alle die zu setzen, so nicht gesündigt hatten, indem sie noch nicht
gebohren waren? Nach unßer rechnung geht das geraht gegen gütte undt
gerechtigkeit, indem die gestrafft werden, so nichts davor können undt nicht
gesündigt haben. Weitters lehrt man unß, daß Gott der vatter seinen eintzigen
sohn vor unß geben hatt; das war ja nach unßer rechnung auch nicht
gerecht, denn der sohn hatte nie [gesündigt] undt konnte nicht sündigen; also
deücht mich, daß es ohnmöglich ist, zu begreiffen, was Gott mitt unß macht,
derowegen nur seine allmacht zu admiriren ist, aber ohnmöglich von seiner
gütte undt gerechtigkeit zu raisoniren. … Ich habe die freyheit genohmen
undt E. L. schon letzmahl meine meinung über der jünger Christi frage wegen
des blindtgebohrnen
[1] gesagt, doch [will] dieß noch hinzusetzen, daß ich nicht
finde, daß es eine preuve ist, daß die seele in einen andern leib gehet, denn
weillen ja alle juden undt christen glauben, daß wir durch Adam seindt
verlohren worden, so unßer aller vatter war, so haben die jünger auch leicht
glauben können, daß man der leiblichen vätter sünde tregt, undt also selbst
alß sündige menschen gebären; aber unßer herr Christus leügnet, daß er
vorher, ehe er geboren worden, gesündigt hette, denn er sagt, daß weder der
blindtgebohrne noch sein vatter gesündigt hette, sondern daß es geschehen,
daß die wercke Gottes gesehen werden möchten undt seine ehre geprießen
werde. Also zerschlegt unßers herrn Christus andtwort mons. Helmonts
meinung. Ich bin woll E. L. meinung, daß diese opinion ein schlechter trost
ist, denn man behelt nur, wie man stirbt, aber man weiß nichts von
widerleben. Ich finde es auch nicht zum besten, daß man nichts weiß von seiner
jugendt; ich wolte aber gerne vergeßen, im mutterleib geweßen zu sein, denn
das solte einen eckellen. Mons. Helmonts zufriedenheit undt ruhig gemühte
das mögte ich gerne lehrnen …