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Brief vom 12. Februar 1699

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


371.


[356]
Versaille den 12. Februari 1699.
… Wir haben hir auch ein recht schön frühlingswetter; ich machte es mir vorgestern woll zu nutz, denn wir hatten eine gar schönne jagt zu [357] St. Germain; der gutte König Jacob war auch dabey. Der ist nun wider in voller hoffnung, sagt, daß die von sein parthey sich zu denen gestoßen, so die republicaner sein, daß das parlement hart gesprochen hatt undt daß, wenn König Wilhelm thue was sie wollen undt schaffe seine armée ab[1], so seye er nichts mehr, behalte er sie aber, so müße er in jede provintz general-lieutenants schicken, wie Gromwel[2] gethan, undt würde alle augenblick krieg undt revolten haben, undt daß dieß alles gar gutt vor ihm were. Ich wolte I. M. dero hoffnung nicht benehmen, so sie so in vollen freüden setzt, aber ich begreiffe seine hoffnung nicht, denn mich deücht, je mehr er die republicaner versterckt, je weniger treht er die gemühter, einen König zu leyden, undt daß ihm dießes nie vortheilhafftig sein kan. Er sagte auch, daß das parlement, ohne König Wilhelm nichts davon zu sagen, hette die schatzmeister hollen laßen, rechnung zu thun von allem gelt, so man König Wilhelm geben, undt da freüdt er sich auch über. Ich sehe aber auch nicht, was ihm dießes nutzen kan, denn gesetzt, daß sie ihn auff die condition wider ahnnehmen wolten, so sie jetzt König Wilhelm vorschreiben wollen, so sehe ich nicht, daß ihm dießes ein vortheil sein könte; viel weniger dan kan es ihm nutzen, wenn sie alle kein König mehr haben wollen undt republicaner werden; gestehe also, daß ich dieße hoffnung undt freüde gar nicht begriffen habe, habe kein wort geantwort, denn ich wuste nichts drauff zu sagen. Mein dochter lobt ihren herrn schwager, den bischoff[3], sehr, sagt, daß, wenn man ihn recht kent, daß man ihn wegen seines überauß gutten gemühts lieb haben muß; fehlt auch nicht von verstandt, allein er ist blödt undt gar heßlich undt unahngenehm von person. Weill dießer herr so gar gutt ist, hoffe ich, daß er gutte nachbarschafft halten wirdt. … Es ist lenger, daß ich nicht von der pantecratte gesprochen, wie sie vor dießem gelebt, alß alle Frantzoßen thun, denn in Paris ist sie woll bekandt, aber gar nicht estimirt, jeder sagt von ihr was ihm in kopff kompt. Ich bin nun des Königs froideurs gantz gewohnt, mein parthie ist gefast, ich kan mich gar woll drin schicken, thue alß wenn ichs nicht merckte. Es ist mehr zu verwundern, daß eine fraw ihren mann seine geschwey[4] haßen macht, die er nicht anderst alß in allen ehren lieben kan, alß eine metres ihren gallant gegen seine fraw, denn nimbt die fraw die oberhandt, so ist die metres nichts mehr. Es scheindt woll, daß es oncle[5] gerewet hatt, nicht allezeit woll mitt E. L. gelebt zu haben, weillen I. L. s[eelig] niemandts alß E. L. haben zuletzt bey sich leyden wollen. Aber stille hirvon, das ernewert nur E. L. schmertzen. Es were schwer, daß ich von staadtssachen schreiben solte, ich weiß gar nichts davon … [358]
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 12. Februar 1699 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 356–358
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0371.html
Änderungsstand:
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