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Fontainebleau den 9. November 1701.
… Der pfaltzgraff von Zweybrücken
[1] ist nun zu Strasburg. Dort
stelt er sich ahn oder ist es in der that, alß wenn er verliebt von der printzes
von Veldentz
[2] were, gibt aber vor, er könte sie nicht heürahten, weillen er
catholisch undt sie lutherisch ist, also ist es gar eine unglückseelige liebe.
Sie sitzen alß gegen einander über, reden alle halbe stundt nur ein wordt,
seüffzen aber so unerhört starck, daß mans in der andern cammer hören kan.
Der gutte pfaltzgraff, welcher so woll alß andere vom geschlegt sehr mitt
winden geplagt ist, wolte den seüffzer gar tieff hollen, der windt aber,
ahnstatt über sich zu gehen, ging unter sich undt formirte einen von den
abscheüligsten fürtzen, so man in langer zeit gehört hatte. Der printz erschrack,
fuhr auff vom stuhl undt sagte zu der printzes: Ich bitte E. L. umb
verzeyung, dießer ist mir unversehens entfahren. Die printzes aber sagte, sie
wolte keinen fürtzenden liebhaber haben, er solte sich weg packen undt nicht
wider kommen. Der gutte printz in großen ängsten ließ die fraw von
Ratsamshaussen
[3] bitten, seinen frieden zu machen. Die fraw von
Rathsamshaussen fuhr zu der printzes von Veldentz, machte einen eloquenten
discours von den menschlichen schwachheiten undt wie einer mitt des andern
schwachheitten alß gutte christen gedult müsten haben. Man übergab ihr
die articles vom frieden auffzusetzen, welche waren, daß die printzes dem
printzen seinen furtz vergeben solte undt I. L. wie vorhin wider sehen, mitt
dem beding, daß der printz hinfüro sachter seüffzen solle, damitt solch
unglück ihm nicht mehr geschehen mögte; der printzes aber solle es erlaubt
sein, sich nicht zu zwingen undt im fall ihr etliche winde unter sich kämen,
sie getrost, mitt welchem ton es auch sein möge, herauß zu laßen. Nach
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dießem schönen friedenschluß haben sich die verliebten wider gesehen. Die Rotzenheusserin schwört, es seye keine inventirte historie, sondern die pure
warheit. Ich wünsche, daß es E. L. einen augenblick möge lachen machen. …