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Brief vom 9. November 1702

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


511.


[051]
Marly den 9. November 1702.
… E. L. beliebten mir einsmahls zu schreiben, wie sie bey der schönnen Königin, Dero fraw tochter, waren zu Lützenbourg, daß sie gar keine trawerige gesichter dort sehen; das kan ich vor dießmahl von hir nicht sagen, denn man sicht überall nichts anderst; der König allein scheindt gantz tranquile zu sein. E. L. werden albereits wißen, wie daß die hollandische undt englische flotte zu Vigo[1] in Galice alle des Königs schiffe verbrendt hatt. Dieß jahr ist nicht glücklich, kompt ein glück, folgt wider ein unglück drauff… Man hatt heütte zeittung von Vigo bekommen; es seindt nicht so viel schiff verbrendt, alß man gemeindt undt die englische flotte hatt auch 5 schiff verlohren undt haben das silber undt golt von den gallions nicht bekommen. Sie seindt alle wider embarquirt undt wech. … Gantz Paris [052] sagt, die Königin in Engellandt hette eine gallanterie mitt mylord Malbouroug[2]; ich kan es aber nicht glauben, seine fraw[3] ist ja der Königin favorittin undt das könte ja nicht sein, wenn die Königin den mann lieb hette. Ich glaube, wer dem kantzler Heyd geprophezeyet hette, daß zwey seiner dochter[4] döchter auff den thron sitzen würden, er würde es schwerlich geglaubt haben. Seine dochter war woll kein sortabler heüraht vor einen duc de Jork, also kein wunder, daß man dießen gutten König Jacob drüber veracht hatt; ich weiß nicht, wie der König, sein herr bruder[5], es gelitten hatt. Ich sahe den gutten König just 24 stundt vor seinem endt: I. M. starben mitt großer fermeté, sprachen gantz wie ordinarie mitt einer harten stim; mir ist alß sehe ich ihn noch mitt seinem großen bart so schwer ahtem hollen, wie er selbigen tag thate, er stodterte nicht mehr, sondern sprach viel freyer alß in seiner perfecten gesundtheit. Ich bin woll E. L. meinung, daß es einem König nicht zukompt, den mönch zu agiren. Ich mögte gern wißen, wie die zwey Könige: der schwigervatter undt schwigersohn in jener welt sein. Das ist wunderlich in Engellandt, daß man die leütte auff dem todtsbett fragt, welcher religion sie seien? Ich finde, daß König Wilhelm gar woll geantwortet hatt. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 9. November 1702 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 51–52
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0511.html
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