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Versaille den 1. November 1703.
… Die Frantzoßen haben erwießen, daß sie ihr handtwerck verstehen,
denn sie haben den graff von Stirum
[1] braff geschlagen; der arme Natzmer
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hatte vor sich nur zu woll von der sach judicirt. Der fürst von Anhalt,
so die apoteckers dochter geheüraht hatt
[3], muß ein schlechter pottentat sein,
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ahn nichts alß ahn seine dragoner zu gedencken undt seine voreltern weg zu
thun undt dieße schöne figuren in seinem sahl zu haben; die solte er in seiner
gemahlin kammer hencken undt ahnstatt ihrer flinten die clistirpfeiffen
ahnhencken, das were ein recht möbel vor so eine fürstin… Herrn Leibnitz
historie ist possirlich, aber wie hatt er so übel gerechnet, seines knechts braut
muß im siebten mont vielleicht ins kindtbett kommen sein… Ich glaube, daß
man die fürsten gotter nent, weillen sie ihren negsten beßer undt guttes thun
können, welches ein ebenbildt der gottheit ist. Man wirdt mitt der zeit
schon sehen, wem die h. Marie ahm besten will, unßerm König in Spanien
oder dem Ertzhertzog. Den papst finde ich vor sehr faillibel, seyder er mir
meinen proces hatt verliehren machen. Nun mons. Leibenitz so ein
gefährlicher cavallier geworden, haben sich E. L. nicht geschewet, sein
contrefait in der Königin ruelle zu hencken. Inocente freüden bringen nie keine
reü. Ma tante die fraw abtißin hatt mir vorgestern ein weib sprechen machen,
so zu fuß von Pontoise kommen war, sie ist 89 jahr alt, sicht undt hort
recht woll undt hatt gutten verstandt, sagt, umb gar alt zu werden, were
nichts beßer alß sich so wenig betrüben alß immer moglich, braff zu mittag
eßen undt wenig zu nacht. Wolte gott, ma tante die fraw abtißin were so
frisch wie diß weibgen, so 14 kinder gehabt hatt. …