Seitenbanner

Brief vom 30. Oktober 1704

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


551.


[091]
Versaille den 30. October 1704.
… Ich erdencke was ich kan, umb nie keine disputten mitt meinem sohn zu haben, laß ihn also in alles gewehren undt mische mich in nichts. Es ist dem cronprintz von Preussen woll bekommen, die fraw von Harling [092] zur hoffmeisterin die erste 3 jahr gehabt zu haben, were sonst woll auch wie sein brüdergen gestorben; E. L. haben I. L. hirdurch das leben errett. Die gutte fraw von Harling hatte woll eine glückliche handt mitt kindererziehen; ich glaube nicht, daß ihr jemahlen eines unter den händen gestorben ist. Es hatt mir recht mißfahlen, daß der König in Preussen den cronprintz nicht bey E. L. gelaßen hatt. Man kan von dießem cronprintzen sagen: on ne luy vend pas martre pour renard, undt E. L. sehen woll, daß sie nicht die freyheit haben, so die majoritet erfordert; es ist frembt, daß, da der König undt die Königin in Preussen woll mitt einander stehen, dießer cronprintz die freyheit nicht hatt, zu seiner fraw mutter zu ziehen, wenn er will. Der König muß mercken, daß der printz mehr inclination vor die Königin sein fraw mutter hatt, alß vor I. M. sein herr vatter, undt vielleicht förcht, daß, wenn er ihn gewehren ließe, er ihn selten bey sich haben würde, wie es auch woll geschehen mögte. Ich hoffe nicht, daß der cronprintz auch umb 3 uhr morgendts auffstehen muß, denn dieße stundt hatt kein mensch in der welt erdacht, umb auffzustehen; der König in Preussen wirdt sich kranck machen, nur 6 stundt im bette zu sein; monchen undt nonen, so severe ein ordre auch sein mag, erlaubt man, 7 stundt im bett zu sein. …
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 30. Oktober 1704 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 91–92
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0551.html
Änderungsstand:
Tintenfass