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Brief vom 5. März 1710

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


720.


[239]
Versaille den 5. Mertz 1710.
… Ich hatte einmahl ein poßirlich dialogue mitt dem armen ertzbischoff von Rheims[1]. Er war, wie E. L. wißen, der erste duc et pair. Er sagte einmahl zu mir, wie wir im val zu St. Germain mitt einander spatzirten: Il me semble, Madame, que vous ne faittes pas grand cas de nous autres ducs en France et que vous nous preferés bien vos princes d’Allemagne. Ich andtwortte trucken herauß: cela est vray. Er sagte: Si vous ne voulés pas que nous nous comparions à eux, à quoy nous comparés vous donc? Ich andtwortete: à des bachas et vizirs de Turquie. Er sagte: comment cela? Ich sagte: comme eux vous avés tous des dignetés et nulle naissance de plus, c’est le Roy qui vous fait ce que vous estes tout comme le grandseigneur fait des bachas et vizirs, mais pour nos princes en Allemagne il n’y a que Dieu leurs pere et mere qui les font, ainsi ne vous peuvent estre compares d’ailleurs encore vous estes des sujets et eux sont libres. Ich meinte, der arme mann solte auß der haut fahren, so böß war er; er konte aber gar nichts dagegen sagen.
Vor das rare stück müntz von hertzog Christian[2] wie auch vor die zeittungen sage ich gehorsamen danck; die müntz habe ich in die schubladt vom hauß Braunsweig gethan, aber warumb hatt hertzog Christian das Frantzösch mitt dem Teütschen gemischt? ein teütscher hertzog solte alle seine devisen auff teütsch haben, undt es kost nicht mehr, zu sagen Alles mitt Gott, alß tout avec Dieu. Das seindt aber teütsche galanterien, frembte sprachen einzumischen. Es ist doch ein recht rar stück. Es geht mir wie dießem hertzog, ich kan pfaffen undt mönchen auch nicht woll leyden, will aber wegen der post nicht alles sagen was hirauff zu sagen were. [240] Die herren commissaire (denn man heist sich noch nicht plenipotentiaires) seindt gestern abgereist; Gott gebe, daß sie waß guts außrichten mögen. E. L. machen mir aber bang wegen des mylord Marlbouroug; ich fürcht, er bringt etwaß dazwischen mitt der offenen naßen: der printz Eugene, so den frieden hindern wirdt. Man sagt hir, der duc de Marlbouroug hette all sein gelt, gutt undt meublen in Teütschlandt salvirt, denn er fürcht, daß man ihn würde rechenschafft geben machen von alle große summen, so er entpfangen, davon er ein gutt theil soll im sack gesteckt haben …
Solche albere brieff wie die meinen wirdt der gutte hertzog[3] woll nicht in seine romans setzen; mein stiehl ist zu natürlich undt gar nicht romanesque. Seine Octavia ist lang, aber die Aramena ist nicht zu lang …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 5. März 1710 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 239–240
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0720.html
Änderungsstand:
Tintenfass