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Brief vom 29. Januar 1711

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


747.


[265]
Marly den 29. Januari 1711.
… Unßer König in Spanien[1] ist nun zu Saragossa sambt der Königin[2] undt prince des Asturies[3]. Hirin erweist unßer König in Spanien, daß er verstandt hatt, indem er die Königin undt printzes des Ursins[4] gewehren lest, denn er spürt woll, daß sie beyde mehr verstandt haben, alß er. … Aber von hertz fehlt er nicht; solte man ihm sagen: bleibt da, undt solte ihn vor hundert stück stellen, würde er wie eine mauer halten, hergegen die, woran er gewont ist, wenn sie ihm sagen: gehet weg, würde er auch gleich weg gehen; er traut sich selber nicht, was man ihm sagt, das thut er undt mehr nicht.
Das ist abscheülich, daß man die leütte so geschwindt nach Spando[5] schickt ohne zu wißen, ob sie recht oder unrecht haben, undt sie hernach vergist. Ich meinte, der König in Preüssen were so gottsförchtig; nun deücht mir, daß die gröste gottsforcht der Könige in gerechtigkeit bestehen soll. Betten undt blarren ist gutt vor mönchen undt pfaffen, aber das soll [der] Könige devotion nicht sein, sondern gerechtigkeit undt ihr landt woll zu regiren undt niemandts unrecht thun, das heyße ich königliche devotion. Der graff von Wittgenstein hatte vergeßen, daß die Könige lange ärm haben; er muß keinen gar großen verstandt haben, denn er hatt seine sach gar überzwerg geführt undt ahngefangen. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 29. Januar 1711 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 265
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0747.html
Änderungsstand:
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