Seitenbanner

Brief vom 10. Oktober 1676

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Anna Katharina v. Harling, geb. v. Uffeln


33.


[033]
St. Clou[d] den 10. october 1676.
… Ob ich zwar schon heütte ahn matante einen großen brieff geschrieben habe, welches einer von den ersten ist, so ich seider meinem kintbett schreibe, so will ich doch dieße post nicht vorbei gehen laßen ohne euch zu dancken vor alle gutte wünsche, so ihr mir sowoll alß meinem neügebohrnen kint[1] thut. Waß mich ahnbelangt, so hab ich mich, seiter ich niderkommen bin, gott sey danck uber die maßen woll befunden undt biß auf die stundte nicht die geringste incommoditet gehabt, ob zwar die kintsnöhten dießesmahl viel härter geweßen alß die zwey andere mahl; bin 10 stunde lang in den großen schmertzen gewesen, welches mich, umb die warheit zu sagen, deromaßen abgeschreckt hat, daß ich gar nicht wünsche, eine orgelpfeife daher zu setzen, wie ihr mit schreibt, denn sie kommen einem gar zu sauer ahn, undt wan sie denn nur noch leben blieben, dan were es noch eine sache, allein wan man sie sterben sicht, alß wie ich das trawerige exempel diß jahr experimentirt, dan ist warlich kein lust darbey. Waß dießen meinen uberbliebenen de Chartre, den ich euch so manchmahl wünsche, ahnbelangt, so ist er gott sey danck nunmehr in volkommener gesundtheit so woll alß sein schwestergen, welche so fett ist wie eine gemeste gans undt sehr groß vor ihr alter. Vergangenen Montag seindt sie beyde geteuffet worden undt hat man ihnen Monsieurs undt meinen nahmen geben, also daß der bub jetzt Philip undt das medgen Elisabeth Charlotte heist. Nun ist eine Liselotte mehr auf der welt; gott gebe, daß sie nicht unglücklicher alß ich sein möge, so wirdt sie sich wenig zu beklagen haben. Im ubrigen aber so bin [ich] euch auch sehr obligirt, daß ihr sowoll alß ich wünschet, meinen sohn bey euch zu haben; ich glaube, daß, wan ihn [034] matante nun sehen solte, würde er sie ein augenblick divertiren, denn er kan nun gantz reden undt alleine gehen undt den gantzen tag durch blaudert er einem den kopf so voll, daß man nicht weiß, wo man ist; er entretenirt immer den König undt die Königin, wan sie herkommen. Aber ich muß dießen brieff schließen. …
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 10. Oktober 1676 von Elisabeth Charlotte an Katharina v. Harling
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann (1895), S. 33–34
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d09b0033.html
Änderungsstand:
Tintenfass