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Brief vom 17. Juli 1689

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Anna Katharina v. Harling, geb. v. Uffeln


50.


[045]
Versailles den 17. Julli 1689.
… Ich hette euch all lengst geantwortet, wenn wir nicht eine kleine reiße nach Marly gethan, alwo (wie printz Ernst August undt printz Christian euch werden bezeugen können[1]) das schreiben durchauß verbotten ist. Vor dießem zürnete meine liebe jungfer Uffel etlichmahl über mich, nun aber möchte ich schir zürnen über den ahnfang ewers brieffs, welcher ja gar offensant vor mich ist, denn weilen ihr mir schreibt, daß ich verhoffendtlich zu gutt halten werde, daß ihr mir mit eweren brieff erscheinet, so muß mein lieb fraw von Harling ja in zweiffel stehen, daß ewere brieff mir ahngenehm sein; undt wenn ihr glaubt, daß ich nicht fro bin, zeittung von euch zu haben, so müst ihr ja auch glauben, daß ich gantz vergeßen undt undanckbar bin vor alle sorgen, so mein lieb jungfer Uffel all ihr leben vor mich gehabt hat, undt derowegen gar böße opinion von mir haben, welches ich doch nicht meritire; contrarie ich versichere euch, daß mir ewere brieff nicht allein sehr ahngenehm sein undt divertiren, sondern auch es erfrewet mich allemahl, wenn ich darauß ersehe, daß ihr noch in gutter gesundtheit seit undt mich alß noch lieb habt. Drumb bitte ich gar sehr, mir doch nicht mehr das unrecht ahnzuthun, so übel von mir zu judiciren, sondern mir nur öfter zu schreiben, undt mit weniger ceremonien. … Es ist mir sehr lieb, daß die beyden printzen[2] wie auch Mons. [046] d’Alvensleben[3] mit mir zufrieden sein, allein sie seindts, wie man auf frantzösch sagt, à bon marché, denn ich bin nicht glücklich genung geweßen, ihnen hir den geringsten gefahlen zu erweißen. … Waß den verdruß ahnbelangt, so printz Ernst August nun haben wirdt, seine herren brüder alle in campagne zu wißen undt allein zu hauße zu bleiben, begreif ich es gar woll, allein ich förchte, daß der verfluchte krieg lang genung werden wirdt, umb daß nicht allein printz Ernst August seine campagne thun wirdt, sondern ich förchte auch, daß unßere kindtskinder den frieden nicht sehen werden, undt ehe man zu selbigem kompt, wirdt manchem kein zahn mehr wehe thun, undt das verdriest mich, denn ich bin des kriegslebens gantz müde. … Mein Harling ist jetzt eben auf der wacht beym König undt hat sein hausse-col[4] ahn, welches blinckt wie ein carfunckel in einem offenloch. … Man ruft mir, umb in die kirche zu gehen. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 17. Juli 1689 von Elisabeth Charlotte an Katharina v. Harling
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann (1895), S. 45–46
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d09b0050.html
Änderungsstand:
Tintenfass