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Versailles den 28. mertz 1711.
… Weilen die alliirten woll freüdenfeüer über die bataille gemacht,
so sie nicht gewonnen, undt in den gazetten haben setzen laßen, daß der
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Duc de Noaille
[1] totaliter geschlagen seye undt die belägerung von
Gironne entsetzt, so meinte ich, daß nohtwendig das Te Deum müste
gesungen sein. Hertzog Anthon Ulrich hat mir selber von dem heüraht vom
Czaarwitz undt sein enckel geschrieben.
[2] Das hat der Czaar mit seinen
reißen gewohnen, daß man ihn nicht mehr vor barbar helt. Mich deücht,
wenn der Czaarwitz ahnstatt zobeln schone brillants von demanten geben
hette, were es etwaß ahngenehmers geweßen undt hette lenger gewehrt alß
die zobeln, so baldt von den würmern gefreßen werden. Ich will hoffen,
der breütigam wirdt zu Treßden woll zahm genung gemacht worden sein,
umb das exercitium mit der krawatsch vergeßen zu haben, denn das steht
nicht sonderlich fürstlich. Ein jedes hat sein destin, dem kan man nicht
entgehen, insonderheit in heürahten. Weilen der großtürck eine ambassade
ahn den Keyßer schickt, muß er woll nichts im reich pretendiren, sondern
nur gegen die Moscowitter gehen wollen. Wie in heürahten ein destin,
so ist es auch im leben undt sterben; jedem ist sein ziel gesetzt, das man
nicht überschreiten kan. Nur gesundt zu leben ist waß ahm meisten zu
wünschen ist. Ich schertze gar nicht, wenn ich sage, daß ich graw geworden
bin, denn ich bin ja leyder nun alt genung dazu, weilen ich, wie mons.
Harling woll weiß, den 27. may in mein 60. jahr trette; so lang ich aber
noch zu leben habe, kan er woll versichert sein, daß ich allezeit seine gutte
freündin verbleibe.