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Brief vom 14. Februar 1715

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Friedrich v. Harling


22.


[089]
Versailles den 14. februari 1715.
… Ich komme jetzt eben von taffel undt es hat schon 6 geschlagen; ich habe so spät zu mittag geßen, weilen wir heütte zu Marly den hirsch gejagt haben. … Waß ich vom alten brauch cittirt,[1] war nur, zu erweißen, daß ich mich der teütschen bräuche noch gar woll erinere, undt so rauschenblattenknecht alß ich auch bin, daß ich doch unßere gutte teütsche braüche nicht vergeße. Eine gutte gesundtheit kan wol ahn mir volzogen werden, wie er mir wünscht, aber kein vergnügte jahren kan ich mehr haben, nachdem ich unßere liebe Churfürstin verlohren, denn mein hertzlieb tante war mein gröstes vergnügen in dießer welt. … Ich mogte woll [090] wünschen, mons. Harling noch einmahl zu sehen, aber ohne lamigkeit würden wir doch nicht zum ring rennen, denn hir gehts nicht ahn wie zu Pirmont, hir hat man auch weder schellen noch schlitten. Der gutte mons. Busch[2] jammert mich woll von hertzen, aber wenn er sich damit trösten könte, daß hir im landt ich woll mehr alß 30 nennen könte, denen ihre weiber es nicht beßer gemacht haben, so könte ich ihm eine schöne liste schicken, denn es ist eben jetzt ein abscheülich geraß zu Paris über 6 par eheleütte von qualitet, wo man unerhörte sachen von verzehlt, auch so abscheülich, daß man sie nicht nachsagen darf, [es] seindt lautter bekandte leütt; einer war nicht so violent alß mons. Busch, denn ob er zwar seiner frawen galant bey sie im bett erdapt, so ist er doch gar friedtsam undt gedultig stehen geblieben, hat dem rival die zeit geben, sich hübsch wider ahnzuziehen, undt fort gehen laßen. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 14. Februar 1715 von Elisabeth Charlotte an Friedrich v. Harling
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann (1895), S. 89–90
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d10b0022.html
Änderungsstand:
Tintenfass