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Brief vom 5. Januar 1719

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Friedrich v. Harling


69.


[128]
Paris den 5. Januari 1719.
… Auch einer von den gefangenen in der bastille hat schon alles bekandt undt 2 edelleütte haben gestanden, gelt vom Duc du Maine entpfangen zu haben, umb revolten in den provintzen ahnzustellen. Hirauf hat mein sohn in des Königs nahmen die Duchesse du Maine arestiren laßen durch des Königs capitaine des gardes, weilen sie princesse du sang, ihr herr aber, weilen er kein prince du sang, ist nur durch einen lieutenant des gardes du corps arestirt worden. Die dame hat mein sohn nach Dijon führen laßen, den Duc du Maine aber nach Dourlant[1], wo eine kleine festung ist. Den Cardinal de Poliniac hat man in eine von seinen abteyen exillirt; er ist der mad. du Maine ihr amant, die hat ihn in dieße conspiration gezogen. Vor dießem undt zu des Königs lebzeitten war dießer Cardinal meines sohns bester freündt; dießer Cardinal ist verliebt von mad. du Maine geworden, wie er sie zu Seaux[2] hat commedie spillen sehen. Waß der arest vom Duc du Maine undt seiner gemahlin vor betrübtnuß bey mad. d’Orléans, dem Comte de Toulouse[3] (so gar ein ehrlicher mann ist undt sein leben nichts mit seinem bruder hat eingehen wollen) wie bey mad. la princesse[4] undt ihrer fraw dochter, der printzess de Conti verursacht, ist leicht zu errahten. Es macht einem das hertz gantz schwer. Der Duc du Maine hat gemeint, man könne ihm nichts überzeugen, noch seiner gemahlin, weilen sie kein wordt mit ihrer [129] eygenen handt geschrieben haben undt alles durch ein freüllen undt eine cammermagt haben schreiben laßen, aber Alberonis brieff redt clar genung undt er schreibt ahn den Duc du Maine mit dießen worten: Dais[5] que l’on deslarera la guerre, mettés le feu à touttes vos mines. Der spanische krieg wirdt heütte oder morgen offentlich declarirt werden, alßdan wirdt ein factum gegeben werden, worinen die gantze verrahterey stehen wirdt. Man hat sein leben nicht so viel conspirationen gehört, alß nun; es ist auch woll abscheülich, daß der Königin in Preussen favorittin, die fraw von Blaspiel[6], in der conspiration zu Berlin [sich] befindt; die andern zwey conspirationen seindt in Denemarck undt Moscou; von der uneinigkeit in Englandt zwischen vatter undt sohn will ich nichts mehr sagen. … P. S. Alberoni ist, so schlim er auch sein mag, weniger falsch undt boßhaft, alß die alte Maintenon, des Ursins, der duc du Maine undt seine gemahlin, so alles übels mit dem verteüffelten Alberoni ahngesponnen haben. Man kompt mir in dießem augenblick eine zeittung sagen, so mich recht jammert: daß der König in Schweden einen sturm ahn einer belagerten statt in Norwegen gethan undt dar geblieben ist.[7] Ich wünsche, daß mein vetter von Heßen[8] ahn sein platz mag König werden. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 5. Januar 1719 von Elisabeth Charlotte an Friedrich v. Harling
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann (1895), S. 128–129
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d10b0069.html
Änderungsstand:
Tintenfass