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A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Ghör.
Versaille den 22 November 1710.
Hertzallerliebe Louise, gestern fuhr ich nach Paris, hatte mein
sohn undt die großhertzogin zu gast gebetten, wolten abendts mitt
einander ins opera. Wie ich ahnkam, bracht man mir ma tante
paquet, welches ich woll mitt freüden entpfing, fundt Ewern lieben
brieff drin, undt wie ich eben in dem leßen begrieffen war, rieff
man mich, umb etwaß zu sehen, so ich hatte hollen laßen. Wie
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ich geschwindt ins zweyte cabinet will gehen, bricht ein stück
parquet. Ich weiß nicht, wie man daß auff Teütsch heist;
[1] den ich
habe mein tag kein parquet in Teütschlandt gesehen, sondern nur
bretter undt diellen, weiß also dießes gar nicht in Teütsch zu nenen,
sage drumb nur parquet. Ein stück davon brach mir undten
[2] der
hacken undt verthrehete mir den fuß, daß er mir gantz verstaugt
wardt, undt that mir bitter [wehe]. Man hatt mich in einer offenen
chaisse, wie den papst, ins opera getragen. Mein fuß hatt mir die
gantze nacht bitter wehe gethan, kan nicht fest auff den fuß tretten,
noch weniger gehen. Man sagt, ich werde woll ein woch 3 nicht
auß der cammer gehen können. Aber hiemitt genung von dießer
langweilligen sach! Ich komme auff Ewern lieben brieff vom 7
dießes monts. Monsieur Gargant seine beschreibung muß gut
werden, den es wehrt lang. Hirauß secht Ihr woll, liebe Louise, daß
ich nicht unrecht gehabt habe, Eüch vorzuwerffen, daß Ihr mir nicht
geschrieben habt von Wolffenbüttel. Die simplesten relationen seindt
die besten in meinem sin. Gargant machts, wie ich sehe, wie alle
Frantzosen, so ihr interesse nie vergeßen;
[3] den waß er trucken
wirdt laßen, wirdt ihm woll waß einbringen, drumb hatt er es nicht
schriefftlich geben. Es ist nöhtig, glück zu den hießigen bedinten
zu wünsche. Zwey haben mich schon nach einander bedrogen undt
auch zwey schatzmeister habe mich nach einander bestohlen, also
habe ich woll ursach, mißtreüisch zu sein. Ich bemühe mich
ordinarie nicht mitt rechnungen zu übersehen; dießes war nur, umb zu
wißen, ob ich alles befohlen hatte außzugeben, so in der
rechnung stundt, sonsten verstehe ich nichts in rechnungen. Es ist woll
gewiß, daß gritliche sachen einem gridtlich machen. Waß einem
aber auch meisterlich gridtlich macht, ist, wen man schreibt undt
in allen linien interompirt wirdt, wie mir heütte geschicht; den der
gantze hoff kompt zu mir wegen meines verstauchten fuß. Ich
finde, daß ma tante woll thut, sich nicht mitt verdrießlichen sachen
zu belästigen. Mein sohns leütte seindt mir nicht so favorabel, alß
deß churfürsten schatzmeister ahn ma tante; den ich werde bitter
übel bezahlt, man ist mir dort über hundert undt fünffizig taußendt
frannken schuldig 2 mahl, undt 50 taußendt undt 2 hund[er]ttaußendt,
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so mir der verstorbene schatzmeister schuldig ist, daß machen 7 mahl
hunderttaußendt francken, so ich weniger habe alß ich haben solte,
daß incommodirt doch. Es ist leicht zu errahten, wie ma tante ihr
gelt verthut. I. L. seindt gar charitable, können niemandts leyden
sehen, ohne beyzustehen; so geht daß gelt baldt fort. Ma tante
thete nicht übel, Eüch die rechnung zu überlaßen, den Ihr verstehet
es woll. Ich gönne ma tante undt Eüch die freüde recht woll, I. L.
den cronprintz undt cronprintzes zu Hannover zu sehen. Hir frirt
es noch nicht, sondern ist so warm, daß man schwitzen mögt. Die
Pfaltz ist ein gelobt landt gegen andere länder zu rechnen, den
alles ist ja gutt in unßerm lieben vatterlandt, lufft, waßer, wein,
brodt, fleisch undt fisch. Wälder seindt nicht unahngenehm, aber
heyden seindt langweillig, daß muß ich gestehen, aber offt in den
strohütten leben die leütte mitt größern vergnügen, alß in schönne
palästen undt auff dem thron. Ihr habt groß unrecht, liebe Louise,
wen Ihr meint, daß Ewere brieffe mir zu lang wahren, contrarie,
ich habe sie viel lieber lang, alß kurtz. Weillen {ich} glaube, daß
Ihr vielleicht wegen meines verstauchenden fuß in {sorgen} sein
möget, so will ich dießen brieff erst morgen zumachen, nun aber nur
noch sagen, daß die gutte madame la princesse abermahlen eine
neüe betrübtnuß hatt; ihr schwager, der fürst von Salm, ist
gestorben. Ich habe erst vor 8 tagen die trawer abgelegt, da werde ich
sie wider ahnnehmen. Gott bewahre, daß mir keine betrübtere
kompt! Adieu biß morgen, liebe Louisse! Seydt versich[er]t, daß
ich Eüch allezeit von hertzen lieb behalte!