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A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 15 Januari 1713.
Hertzallerliebe Louisse, wie ich eben ahn den abbe de Poliniac
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wegen monsieur Dausone wolte schreiben, vernehme ich, daß
obgedachter abbé in 8 tagen wider hir sein wirdt, also ohnnohtig, ihm
zu schreiben, weiß aber ferner nicht, ahn wem ich mich wegen
dießer sach ahnmelden solle. Last mirs wißen, liebe Louisse!
Unahngesehen der unleydtlichen kalte, so wir seyder donnerstag
haben, [kann ich sagen,] daß ich mich waß beßer befinde, ich
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schreibe es dem fahren undt der lufft zu. Daß macht mich hoffen,
daß mich der frühling wider za recht bringen wirdt. Gott seye
ewig danck, liebe Louisse, daß ma tante, unßere liebe churfürstin
wider woll ist, undt erhalte I. L. lange jahren! Ich muß Eüch
noch sagen, daß mein dockter mir daß caffe ordinirt; ich finde es
abscheülich, kan mich nicht ahn den bittern rußgeschmack
gewohnen.
[2] Ich wolte Eüch gern noch lenger entreteniren, allein ich
muß ahn meine arme dochter schreiben, vor welcher ich in rechten
ängsten bin. Ihr liebstes kindt, ihr zweytes printzgen, ist
todtkranck. Sie hatt die 3 andern noch nicht verschmertz, fürcht, daß
dießes letzte sie selber wirdt sterben machen, bin also in rechten
sorgen. Die post hatt mir heütte gefehlt, welches mich recht
kritlich macht. Gott wolle meiner dochter beystehen! Biß donnerstag
werde ich Eüch sagen, wie es abgeloffen, den in der zeit muß daß
arme printzgen todt oder salvirt sein. Adieu, liebe Louisse! Seidt
versichert, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte!