Seitenbanner

Brief vom 15. Juli 1713

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


584.


[319]

A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hernhaussen.

Marly den 15 Julli 1713.
Hertzallerliebe Louisse, heütte habe ich Ewer liebes schreiben vom 7 dießes monts entpfangen; weillen ich aber daß vom 28 Juni noch nicht habe beantworten können, also werde heütte, so viel mir möglich ist, auff dießes antworten, daß vom 7 aber vor ein andermahl sparen. Wie ich sehe, so gefelt Eüch der wolffenbuttelsche hoff nicht weniger, alß ahn ma tante. Nichts ist gesünder, alß vergnücht zu leben, wundert mich also gar nicht, daß I. L. sich woll zu Salsthal[1] gefunden haben. Gott gebe, daß es dero gesundtheit undt leben vor manche jahren mag verneüert haben! In Ewerm letzten schreiben sagt Ihr nichts mehr von der hochzeit, wie sie abgangen, die auff deß gutten hertzogens nahmentag solte gehalten werden. Kans woll dencken, daß die geistlichen nicht werden gedantzt haben. Wo hatt man sein leben geistliche dantzen sehen? Ein drünckgen mitt zu thun, ist ein anderst, werdens[2] zur gedächtnuß, wie unßer herr Christus den wein zu Canan in Gallilée gemacht hatt. Mich wundert, daß hertzog Anthon Ulrich seine [320] kinder nicht zu Salsthal bey sich behelt, daß were doch eine geselschafft vor dem gutten herren; aber ich glaube, daß die junge leütte auch gern beysamen sein in so einem schönnen ort, wie Ihr deß erbprintzen heüßgen beschreibt. Ich bin fro, daß ma tante reiß ein endt hatt wegen daß abscheüliche böße wetter, so nun eingefahlen ist, welches nicht ahngenehm zu reißen ist, den es ist kalter windt undt regen, welches I. L. nicht gesundt geweßen were; auch würde es den hertzogen schmertzlich gewest sein, [wenn sie] ihre schönne gärtten undt promenaden nicht hätten weißen können. In meinem sin ist der wolffenbüttelische hoff viel beßer reglirt, alß der hannoverische, insonderheit vor die gesundtheit. Es ist gar woll gethan, wen man schwitzt, nicht in der lufft zu bleiben, sonst gibt es flüße, husten undt schnupen. Ich weiß nicht, waß daß perschonelspiel[3] ist, habe mein leben nicht davon gehört. Es schlegt 10, ich muß auffhören, bin mehr, alß 12 mahl, verhindert worden.
Sontag den 16 Julli umb 3 viertel auff 10 morgendts.
Ich bin gantz ahngethan, also nicht die faulste in Marly, wie Ihr segt.[4] Ehe ich ma tante brieff ahnfange, will ich den Ewerigen, liebe Louise, außschreiben. Es kompt mir wunderlich vor, daß alle die wolffenbüttelische herrn alle so vertheilt sein, der alte herr zu Salsthal, der elste printz auff ein landtgutt undt der von Bevern zu Braunsweig, haben alßo wenig commers zusammen. Wie ich dießen herrn zu Versaille gesehen, wie auch seinen großen hern bruder, kammen sie mir beyde gar fein vor. Sie seindt meine nahe vettern von mutter seydt, den printzes Christine von Eschwe war landtgraff Fritz von Hessen dochter, der meiner fraw mutter oncle war, also war die hertzogin von Bewern geschwister-kindt mitt meiner fraw mutter, derowegen seindt die beverische printz[en] ander-geschwister-kindt mitt mir. Ich bin woll Ewerer meinung, daß dieße hertzogin von Beuvern die glücklichste unter den 3en schwestern[5] sein wirdt. Bey der keyßerin ist es ein [321] gezwungenes langweilliges weßen; bey dem czaar, stirbt der, wirdt Moscovien wider wilt werden, die czaarwitzin also sehr zu beklagen; aber bey den seinigen in sein vatterlandt zu bleiben können, halte ich vor daß glückseeligste von der weldt. Den in frembten ländern ist man doch allezeit suspect; ist man woll bey den fürnehmbsten, gibt man jalousie undt findt hundert leütte, so auff nichts aplicirt sein, alß einem zu schaden; ist man übel, felt einem alles über den halß. Von dießem allem könte ich ein groß buch schreiben, würde aber mehr sagen, alß nöhtig sein würde, insonderheit weillen meine brieffe alle geleßen werden. Aber es schlegt 11, ich muß auch ahnfangen, ahn ma tante zu schreiben. Ich habe mich ein [322] wenig amussirt, den wie ich ahngefangen, zu schreiben, ist der fürst Ragotzqui, so hir unter den nahmen vom graff Charoscht ist,[6] zu mir kommen. Er ist ein recht gutter herr, allezeit von guttem humor, hatt verstandt undt gar viel geleßen, verstehet sich auff alles, hatt meine medaillen undt gegrabene stein[7][8] begehren zu sehen, welche ich ihm gewißen. Daß hatt mich auffgehalten, aber Ewer liebes schreiben ist doch völlig beantwortet, bleibt mir also nichts mehr überig, alß Eüch zu versichern, daß ich Eüch allezeit lieb behalte.
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 15. Juli 1713 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 319–322
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0584.html
Änderungsstand:
Tintenfass