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Brief vom 16. März 1714

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


633.


[377]
Versaille den 16 Mertz 1714.
Hertzallerliebe Louisse, vergangen montag habe ich Ewer liebes schreiben vom 2 dießes monts zu recht entpfangen. Ich kan nicht wißen, warumb meine schreiben nicht richtig gehen, den ich fehle keine eintzige post. Seydter vorgestern ist daß wetter auffgangen, heütte ist es ein gar schönner tag geweßen. Der könig hatt mich zu der hirschjagt eingeladen, ich habe mich entschuldigt, daß ich noch den husten zu starck hette; aber daß ist die ursach nicht, sondern daß ich ahn ma tante undt Eüch schreiben konte. [378] Ich bin in todtesangsten, die post ist mir heütte, daß ich so hertzlich darnach verlange, blat außgeblieben; daß ängstiget mich abscheülich, wie Ihr leicht gedencken könt. Ich rede I. L. woll von ihrer kranckheit, cittire Eüch aber nicht, liebe Louisse, sondern monsieur Martine; den es ist war, daß madame Benisen[1] ihm alles geschrieben, waß Ihr mir schreibt. Ich nene sie aber auch [nicht], sondern sage nur, daß eine personne ahn monsieur Martin I. L. unpaßlichkeit geschrieben, so ich nicht kene, undt hirin liege ich auch nicht. Ich werde Eüch dießen brieff schicken, ohne es in ma tante paquet zu thun, wie ich daß Ewere entpfangen. Daß der magen ma tante noch getrück[t], nachdem sie wider beßer, macht mich erschrecklich bang. Wie kan ma tante lieber fisch, alß fleisch, eßen, insonderheit mitt öhl gekocht? Ich kan gar kein warm öhl eßen, eckelt mir recht davor. Ich bin Eüch woll von hertzen verobligirt, ma tante zustandt so eygendtlich zu beschreiben. Umb gottes willen, liebe Louisse, so lieb alß Eüch mein leben ist, so continuirt undt verhället mir nichts! Ich konte sonst nicht daweren, bin in einer solchen hertzensbangigkeit, daß die post mir außgeblieben, daß ich es nicht beschreiben kan. Gott der allmächtige wolle mir beystehen undt gutte zeittung verleyen! Ewer lieber brieff vom 2 ist vollig beantwortet, ich komme auff dem vom 26, wo ich eine andere post geblieben war. Ich habe der Lenor ahnbefohlen, ahn den graffen von Hanau in meinem nahmen vor meinen vetter, printz Wilhelm, starck zu solicittiren. Sie hatt geschrieben, aber noch keine andtwort erhalten. So baldt ich die andtwort erhalten werde, will ichs ahn ma tante, unßere liebe churfürstin, schreiben. Ist noch ein princes zu Cassel? Ich meinte, sie wehren alle geheüraht. Oder sprecht Ihr vielleicht von deß printzen von Nassau witwe? Wie viel printzen seindt noch zu Cassel außer printz Gorgen? Ich weiß es nicht. Ich glaube, daß Ihr nun schon wist, daß der keyßer undt unßer könig den frieden geschloßen haben.[2] Alleweill geht der marechal de Villar auß meiner [379] cammer.[3] Es ist spat, ich kan nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch von hertzen ambrassire undt Ewch von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 16. März 1714 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 377–379
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0633.html
Änderungsstand:
Tintenfass