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Brief vom 5. April 1714

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


637.


[381]
Versaille den 5 April 1714.
Hertzallerliebe Louisse, ich will nicht mehr sagen, daß ich [382] Eüch alle posten schreiben will, den daß bringt mir unglück; den ich habe schon vergangen sontag dran gefehlt, aber es war Ostertag, ich hatte ahn ma tante undt den gutten hertzog zu Braunsweig geschrieben. Gott gebe, daß er es noch entpfangen mag! Hernach muste ich undt zuvor auch in die kirch. Vor dem eßen gings noch woll hin, wehrte nur eine gutte stundt; aber nach dem eßen war predig undt vesper, da man einen psalm in musiq sunge, daß wehrte 3thalb stundt, must auch noch selbigen abendt ahn mein dochter schreiben. Also secht Ihr woll, liebe Louisse, daß ich Eüch ohnmöglich schreiben konte. Heütte auch habe ich gar wenig zeit, will doch, so viel mir möglich sein wirdt, auff Ewern lieben brieff vom 19 Mertz andtwortten. Ich habe zwar auch einen vom 23 Mertz, dießen werde ich ein andermahl beantwortten, nun aber komme ich auff das vom 19, bin fro, daß Ihr meine schreiben so richtig entpfanget, sie meritiren aber keine dancksagungen. Es ist eine zeit her so ein gar doll wetter geweßen, daß alle leütte sich über flüßen undt rhumatisme beklagt haben. Es ist noch beßer, flüß auff die backen undt zahnfleisch zu haben, alß auff den augen, wie Ihr sie vor ein par jahren gehabt, bin aber doch fro, daß es wider vorbey ist undt Eüch daß blaßziehen woll bekommen. Liebe Louisse, zu flüßen bin ich, gott lob, nie geneigt geweßen, aber woll zu husten undt schnupen. Mich deücht, in Ewerer ersten jugendt wardt Ihr nicht gar zu flüßen geneigt, ist vielleicht im closter Neüburch[1] kommen. Daß Ihr unruhig seydt, wen Ihr nicht bey unßer lieben churfürstin seydt, daß ist keine einfahlt, sondern nur ein zeichen von eines gutten gemühts. Ich habe unßere gutte fraw von Harling offt nützlich den Pirmonter sawerbrunen zu Hannover drincken sehen, aber ich bin persuadirt, daß die docktoren nur den sauerbrunen rahten, wen sie nichts weitter wißen. Es ist gewiß, daß, wen man nicht jung mehr ist, muß man nicht mehr viel zu nacht eßen, wen man woll schlaffen will, bin also sehr fro, daß ma tante dieße parthey genohmen. Ich weiß noch keinen eintzigen article vom frieden,[2] er ist auch noch nicht publicirt, noch außgeblaßen worden. Ich bin gar persuadirt, daß der frieden nicht lang wehren wirdt. Es ist [383] mir leydt, wen ich die armen Christen verfolgen sehe; hette ich credit undt stime im capittel, wurde jederman woll in ruhen bleiben. Ich werde printz Wilhelm erster tagen andtwortten, aber ich hoffe, er wirdt nicht übel nehmen, wen ich ihn nur in billiet schreibe. Es wirdt gar spat, ich muß enden, liebe Louisse, undt Eüch nur in eyll noch sagen, daß es mir lieb ist. daß Ewer schwager sich in seine schuldigkeit eingestelt hatt. Ich bin, gott lob, nun wider woll, habe nur noch schwache kniee. Adieu noch einmahl, liebe Louisse! Ich ambrassire Eüch von hertzen undt werde Eüch all mein leben lieb behalten.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 5. April 1714 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 381–383
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0637.html
Änderungsstand:
Tintenfass