[578]
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Londre.
Marly den 18 Juni 1715.
Hertzallerliebe Louisse, in dießer wochen habe ich nur ein
schreiben von mademoiselle de Malauze, aber keines von Eüch
entpfangen. Wir haben heütte den gantzen tag gejagt undt es ist gar
spät. Nacht
[1] der jagt habe ich mich von haubt zu füßen anderst
ahnthun müßen, darnach habe ich einen großen brieff ahn mein
dochter geschrieben. Wir seindt erst umb 6 abendts von der jagt
kommen; der hirsch hatt 2 gutter stundt gedauert. Ich schreibe
heütte, den biß freytag werde ich ohnmöglich schreiben können;
ich werde selben tag umb 9 morgendts nach Paris, im palais royal
zu mittag eßen mitt meine enckeln, den duc de Chartre undt
mademoiselle de Valois. Nach dem eßen werde ich sie beyde ins
Jessuwitter-colegium führen, umb eine commedie von den schüller
spillen sehen, welches schir alle kinder von condition sein.
[2] Unter
andern hatt mein sohn auch ein kindt dort, so er von Sery hatt,
welche mein freüllen geweßen;
[3] man heist ihn le chevallier
d’Orleans;
[4] der bub hatt viel verstandt, ist aber nicht hübsch undt
[579]
klein vor sein alter. Mein enckel, sein brüdergen, hatt ihn sehr
lieb, macht sich auff dießen tag eine große freüde. Ich werde
spät wider kommen. So mir gott daß leben undt gesundtheit über
8 tag lest, werde ich Eüch berichten, wie es abgeloffen. Wir haben
gar nichts neües hir, schließe also undt sage vor dießmahl nichts
mehr, alß daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.