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Da komme ich eben auß der kirch, undt weillen wir erst umb 1 eße[n], also noch ein viertelstün[d]gen zu schreiben habe, will ich es nicht verliehren. Hir spilt man bey die Jessuwitter keine geistliche commedie, auffs wenigst die zwey, so ich gesehen. Die erste [587] war von einem duc de Bourgogne undt dießes letzte war Essope au colesge.[8] Sein herr findt, daß er so viel verstandt hatt, daß er die kinder im colege beßer unterrichten wirdt, alß die meister. Esope, umb zu sehen, waß vor humor die kinder wahren, lest kauffleütte kommen mitt allerhandt wahren undt erlaubt ihnen, zu kauffen undt zu wehlen, waß sie wollen, undt davon judicirt er von ihr[e]m humor, macht jedem drauff etliche fablen, die recht artlich erzehlt sein undt auff jedes sujet kommen. Die kinder aber, so muthwillig sein, thun den Essope allerhandt possen undt machen ihn ahn. Auß dießem allem segt Ihr woll, liebe Louisse, daß es gar keine geistliche commedien sein. Aber zu St Cire hatt madame de Maintenon etliche geistliche commedien durch monsieur Racine machen laßen, alß Ester undt Attalia;[9] die seindt über die maßen schon undt keine quackeleyen[10] drin. Aber da rufft man mich zur taffel; nach dem eßen ein mehrers. Jungfer Colb[11] pflegt zu sagen:
Ich kan meinen brieff nicht überleßen, noch corigiren; ich hoffe,
Ihr werdet doch woll errahten, waß ich habe sagen wollen.
Marly den 12 Julli 1715.
Hertzallerliebe Louise, ich habe Eüch 2 posten ohnmöglich schreiben können, alß vor 8 tagen undt vergangenen dinstag. Ich weiß nicht recht mehr, ob ich Eüch vor 8 tagen ein par wordt geschrieben hab oder nicht; den ich habe daß schlimbste gedachtnuß von der welt. Dem seye, wie ihm wolle, so bin ich doch versichert, daß ich Eüch letzt-vergangenen dinstag nicht geschrieben habe, noch habe schreiben [können. Ich muste] von hir weg, solte umb 11 zu Paris sein, aber ich kam erst umb halb 12 hin durch eine avanture, so mir schir den halß gekost hette undt den 5 damen, so mitt mir in meiner kutsch wahren, alß nehmblich meine dame d’honneur, die duchesse de Brancas, madame de Chasteautier,[1] meine dame d’atour, madame la marechalle de Clerembeau,[2] meine dame, die fraw von Rathsamshaussen undt madame Börstel. Wie wir eben in den cour kammen, rieffen die garden, man solte still halten. Es war auch eben zeit, den daß hinterste raht, wen wir noch zwey schritt gefahren wehren, were gantz abgefahlen; den kein [586] eintziger rayon vom raht (ich weiß nicht, wie man daß auff Teütscht heist[3], undt habe es mein leben nicht gewust) hilt mehr im zirkel, so ihn umbringt, undt were daß raht zerfahlen, weren wir über undt über gangen, den ich fahre allezeit den großen drab. Ich nahme geschwindt der escuyer kutsch undt fuhr ins palais royal. Abendts ein viertel auff 11 kamme ich erst wider her, morgendts schrieb ich ahn mein dochter zu Paris, aber nachmittags, biß daß opera ahnging, hatte ich kein augenblick vor mir selber. Man führte zwey neüe printzen, zu Paris ahnkommen, ein fürst von Anhalt undt einer von Ostfrießlandt, welche, die warheit zu bekenen, 2 so heßliche schätzger sein, alß ich mein leben gesehen habe. Der erste ist dür, wie ein holtz, hatt eine gantze weiße crepirte[4] peruque undt feuerrohte augen undt voller kinderblatternmähler, eine naht ahn die ander; er ist so mager, daß er drüber gebogen ist, undt hatt ein abscheülich maul undt gar wüschte[5] zähn. Der von Ostfrießlandt ist dick, den kopff in axellen undt daß gantze gesicht im fett versuncken, die naß dick undt blatt; summa, sie seindt beyde gar heßlich. Vorher habe ich einen art von raht gehalten mitt allen meinen leütten, den conseiller d’estat, den der könig mir geben, umb vor mich zu sorgen[6], der intendent von meinem hauß undt mein schatzmeister; haben eine gutte stundt von lautter gar verdrießliche sachen gesprochen, welche mich recht grittlich gemacht haben, undt nicht ohn ursach. Aber hirvon were gar zu langweillig zu reden, komme also lieber auff Ewer liebes schreiben, fange bey dem frischten ahn, so vom 15/26 Juni ist. Seydt nie in sorgen, liebe Louisse, zu offt mitt Ewern lieben schreiben zu kommen! Den, wie ich Eüch schon vielmahl gesagt, so seindt mir Ewer schreiben allezeit lieb undt ahngenehm. Weillen ich die kinder undt insonderheit die kleinen buben liebe, so hatt mich die commedie im colege divertirt;[7] die kinder habens recht artig gemacht. Aber es schlegt 12, ich muß in kirch.Da komme ich eben auß der kirch, undt weillen wir erst umb 1 eße[n], also noch ein viertelstün[d]gen zu schreiben habe, will ich es nicht verliehren. Hir spilt man bey die Jessuwitter keine geistliche commedie, auffs wenigst die zwey, so ich gesehen. Die erste [587] war von einem duc de Bourgogne undt dießes letzte war Essope au colesge.[8] Sein herr findt, daß er so viel verstandt hatt, daß er die kinder im colege beßer unterrichten wirdt, alß die meister. Esope, umb zu sehen, waß vor humor die kinder wahren, lest kauffleütte kommen mitt allerhandt wahren undt erlaubt ihnen, zu kauffen undt zu wehlen, waß sie wollen, undt davon judicirt er von ihr[e]m humor, macht jedem drauff etliche fablen, die recht artlich erzehlt sein undt auff jedes sujet kommen. Die kinder aber, so muthwillig sein, thun den Essope allerhandt possen undt machen ihn ahn. Auß dießem allem segt Ihr woll, liebe Louisse, daß es gar keine geistliche commedien sein. Aber zu St Cire hatt madame de Maintenon etliche geistliche commedien durch monsieur Racine machen laßen, alß Ester undt Attalia;[9] die seindt über die maßen schon undt keine quackeleyen[10] drin. Aber da rufft man mich zur taffel; nach dem eßen ein mehrers. Jungfer Colb[11] pflegt zu sagen:
Morgen so viel, so sterben wir heütte nicht.