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Sols ja so sein,
Daß straff undt pein
Auff sünden folgen müßen,
So fahre fort[2]
Undt schone dort
Undt laß mich hir woll büßen![3]
Ich bin mein leben nicht ruhiger, alß wen ich gantz allein sein kan. Daß geschicht mir aber gar selten leyder; sehe nicht, daß der zwang lustiger machen kan. Die fraw von Rotzenhaussen ist ahngenehm lustig undt poßirlich; sie thut auch all ihr bests, mich auffzumundern; alle ihre lust benimbt nicht, waß mich trawerig macht. Ma tante s. hatte viel trost, den ich nicht habe; sie hatte eine ahngenehme printzessin bey sich, deßen heüraht sie selber gemacht undt gewünscht hatte; sie war absolutte herr undt meister von sich selber, konte hingehen, wo sie wolte, undt thun, waß sie wolte, daß endert den text. Ein ewiger zwang ist eine betrübt sach, insonderheit wen es nur mitt dem todt endern kan. Mich deücht, es ist genug, sich in den willen gottes ergeben; wen man die sach nimbt, wie er schickt, trawerigkeit undt betrübtnuß, so muß man ja auch woll trawerigkeit ahnnehmen; solte er mir etwaß [anderes] schicken, so wolte ichs auch woll ahnnehmen. Zu unßers seeligen [649] königs zeitten war ich ahn einem ort, der mir gefiehl; ich jagte, ging offt in die lufft, daß distrait die melancolie; aber hir habe ich gantz undt gar kein distraction; fahre ich gleich ein wenig in die lufft, so kan ich doch weder so geschwindt fahren, noch so lang in der lufft sein, alß wen ich jagte. Also sobaldt ich wider komme, kompt mein kopffwehe auch wider; den ich kan dieße lufft durchauß nicht vertragen. Ihr werdet durch mein letztes schreiben mein langweilliges leben ersehen haben. Aber es schlegt 12, ich muß in kirch.
Da komme ich eben auß der kirch, undt weillen ich noch in viertelstündtgen in meiner cammer zu bleiben habe, so will ich es ahnwenden, Eüch zu entreteniren, liebe Louisse! Bey ma tante s. konte man leicht seines leydts vergeßen; aber hir ist es nicht so leicht. Waß ich ahm wenigsten von dießem landt vertragen kan, ist der abscheüliche interesse undt die unendtliche falschheit; daß verdirbt alles. Aber man rufft mich zum eßen.
A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Londre.
Paris den 15 October 1715.
Hertzallerliebe Louise, seyder 3 tagen bin ich mitt zwey von Ewern lieben brieffen erfreüet worden; daß, so ich letzt-verwichenen sambstag entpfangen, ist vom 3 October / 22 September, undt daß vom 10 October / 29 September, so man mir gestern abendts gebracht. Ich will bey dem frischten ahnfangen. Meine hundert gegrabene nachgemachte stein werde ich alle hundert zukünfftigen sambstag haben. Die printzes von Wallis wirdt hernach wehlen können, waß I. L. ahm besten davon gefehlt, den ich werde von allerhandt gattung schicken; wünsche sehr, daß es I. L. gefahlen undt ahngenehm sein möge. Es ist eine ellende sach mitt der see; man ist nie sicher mitt, daß, waß man schreibt, überkompt. Der husten verfolgt unßere gantze famille, hatt bey mir ahngefangen, mein sohn hatt es hernach bekommen undt ist es noch nicht gantz loß, seine gemahlin hatt es gar starck, undt ihre dochter, mademoiselle de Valois, fengt auch jetzt ahn, den schnupen zu bekommen; so haben wir alle ahngefangen. Mein kopffwehe verläst mich nicht, [648] dieße nacht habe ich es noch stärcker gehabt, alß nie, habe nur anderthalb stundt in allem geschlaffen; der kopff ist mir schwer, alß wen er von bley were, sehr heyß, undt die arterren[1] ahn den schlaffen klopffen mir alß wie kleine hämerger undt oben thut es mir, alß wen man mir die haar zöge; daß ist aber daß rechte Pariser werck. Reden macht mir langeweill, aber kein kopffwehe. In Franckreich contentirt man sich nicht mitt ein par wordt, jedes will entretenirt sein. Wen Ihr alle particuliariteten von meinem leben wißen soltet, würdet Ihr Eüch nicht verwundern, daß ich nicht lustig bin, sondern viel mehr, wie ich nicht traweriger bin, alß ich bin. Ich dencke offt ahn daß gesetz vom lutherischen liedt undt singe es manchmahl:Sols ja so sein,
Daß straff undt pein
Auff sünden folgen müßen,
So fahre fort[2]
Undt schone dort
Undt laß mich hir woll büßen![3]
Ich bin mein leben nicht ruhiger, alß wen ich gantz allein sein kan. Daß geschicht mir aber gar selten leyder; sehe nicht, daß der zwang lustiger machen kan. Die fraw von Rotzenhaussen ist ahngenehm lustig undt poßirlich; sie thut auch all ihr bests, mich auffzumundern; alle ihre lust benimbt nicht, waß mich trawerig macht. Ma tante s. hatte viel trost, den ich nicht habe; sie hatte eine ahngenehme printzessin bey sich, deßen heüraht sie selber gemacht undt gewünscht hatte; sie war absolutte herr undt meister von sich selber, konte hingehen, wo sie wolte, undt thun, waß sie wolte, daß endert den text. Ein ewiger zwang ist eine betrübt sach, insonderheit wen es nur mitt dem todt endern kan. Mich deücht, es ist genug, sich in den willen gottes ergeben; wen man die sach nimbt, wie er schickt, trawerigkeit undt betrübtnuß, so muß man ja auch woll trawerigkeit ahnnehmen; solte er mir etwaß [anderes] schicken, so wolte ichs auch woll ahnnehmen. Zu unßers seeligen [649] königs zeitten war ich ahn einem ort, der mir gefiehl; ich jagte, ging offt in die lufft, daß distrait die melancolie; aber hir habe ich gantz undt gar kein distraction; fahre ich gleich ein wenig in die lufft, so kan ich doch weder so geschwindt fahren, noch so lang in der lufft sein, alß wen ich jagte. Also sobaldt ich wider komme, kompt mein kopffwehe auch wider; den ich kan dieße lufft durchauß nicht vertragen. Ihr werdet durch mein letztes schreiben mein langweilliges leben ersehen haben. Aber es schlegt 12, ich muß in kirch.
Da komme ich eben auß der kirch, undt weillen ich noch in viertelstündtgen in meiner cammer zu bleiben habe, so will ich es ahnwenden, Eüch zu entreteniren, liebe Louisse! Bey ma tante s. konte man leicht seines leydts vergeßen; aber hir ist es nicht so leicht. Waß ich ahm wenigsten von dießem landt vertragen kan, ist der abscheüliche interesse undt die unendtliche falschheit; daß verdirbt alles. Aber man rufft mich zum eßen.