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Brief vom 17. Februar 1718

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


890.


[186]

A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Paris den 17 Februari 1718 (N. 51).
Hertzallerliebe Louise, ich habe heütte schon 10 bogen ahn die königin in Preüssen geschrieben undt nahm eben Ewer liebes schreiben vor mir vom 1 dießes monts, so ich noch nicht habe beantwortten können, da bringt man mir in dießem augenblick Ewern lieben brieff vom 5ten, no 11; also endere ich undt werde bey dießem ahnfangen, weillen es daß frischte ist. Ich habe Eüch vergangen sontag mitt so großer interuption geschrieben, liebe Louise, daß ich mich nicht erinern kan, ob ich Eüch vor Ewer[e] 2 müntzen [187] undt daß contrefait von dem gutten hertzog von Braunsweig[1] [gedankt habe]. Daß werde ich einfaßen laßen, umb es ahm finger zu tragen, dancke vor alles von hertzen, liebe Louisse, undt komme nun auff Eüer liebes schreiben, so ich alleweill entpfangen. Wen Ihr, liebe Louise, keine schreiben von mir entpfangt, ist woll nicht meine schuldt; den ich verliehr[e] keine post. Ich habe vorgestern schreiben auß Englandt bekommen. Die printzes war in einer großen betrübtnuß, weillen der kleine printz gar kranck ahn einem husten undt fieber war. Wie mir aber die gräffin von Buckenburg geschrieben, war daß kint ohne fieber undt wider viel beßer. Unßer herrgott sucht die arme printzes auff allerhandt manir heim. Der allmachtige wolle I. L. beystehen! Die gräffin schreibt mir auch, daß der mylord, so Ewere elste niepce geheüraht hatt, eine gutte charge bekommen undt gekaufft; wie ich nicht zweyffle, daß Eüch dießes lieb wirdt sein, so mache ich Eüch mein compliment hirüber. Gestern ging ein sudwindt, daß alle menschen meinten, es würde auffdawen. Dieße nacht hatt es doch wieder sehr hart gefrohren. Es were mir leydt, wens dießen abendt regnen solte; den ich wolte gern, daß es morgen hübsch wetter were, weillen ich meiner dochter entgegenfahren will undt sie herführen; aber ich fürchte, daß es regnen wirdt, den daß wetter ist sanfft heütte; daß mögte unß woll ein regen geben, den auch ordinarie ist der freytag entweder der schönste oder heßligste tag von der gantzen woch. Also weillen es die gantze woche daß schönste wetter von der welt geweßen, also mögte meine dochter woll naß entpfangen werden. Dem seye, wie ihm wolle, so werde ich doch froh sein, sie wider zu sehen. Bißher habe ich noch gar keine gutte zeittung auß Engellandt bekommen, contraire, mich deücht, die verbitterung vermehrt sich auff beyden seytten. Es müßen sich boße leütte darzwischen legen. Es mag gar woll sein, daß es in truck kommen wirdt, waß die rechte ursach, worüber der könig in Englandt sich über seinen herrn sohn beschwerdt; den ich habe vergangenen montag ein schreiben von der königin in Preüssen entpfangen, so sagt, daß man ihr auß Englandt geschrieben, daß der konig, ihr herr vatter, öffendtlich im gantzen parlement declariren will, worüber er sich von seinem herrn sohn zu beschwehren hatt; also wirdt es gar gewiß in truck kommen. [188] Aber ich muß nun eine pausse machen undt mich ahnziehen. Nach dem eßen fahre ich zur großhertzogin, werde Euch wider entreteniren, wen ich wieder kommen werde; den ich will heütte nicht ins opera, weillen ich morgen meine dochter neinfuhren werde, undt ich habe es offt genung gesehen, umb nun anderst, alß auß complaissance, hinzugehen. Waß im druck kompt, wirdt von jederman geleßen, wer es nur kaufen will. Ich kan nicht begreiffen, wie der könig in Englandt kein endt ahn dießem spiel macht, welches ihm ja zu nichts nutzen kan. Man sagt im frantzöschen sprichwordt: Vous n’aves rien perdu pour attandre, weillen Ihr brieffe entpfangen, nachdem Ihr sie lang darnach gewahrt habt. Ewer vetter kan woll sicher sein, daß in Englandt alle brieffe auffgemacht werden. Ich habe, seyder ich auffgehört, zu schreiben, ein brieff von der gräffin von der Bückenburg vom 30 Jan. / 10 Feb., aber es ist leyder noch keine gutte zeittung; contrari, den die printzes hatte so eine große migraine, daß sie mir nicht hatt schreiben können. Daß kleine printzgen ist auch noch nicht wider gesundt. Die printzes jammert mich woll von grundt der seelen. Aber da kompt man mir sagen, daß meine kutschen kommen; ich muß zur großhertzogin.
Umb 5 abendts.
Da komme ich von der großhertzogin, aber mein sohn kompt undt ladt mich ins opera, muß also wider willen schließen; den ich kans ihm nicht abschlagen, es wirdt ein neüer actor singen. Adieu, liebe Louisse! Ich muß wider willen schließen undt vor dießmahl nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch von hertzen lieb behalte, liebe Louisse!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 17. Februar 1718 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 3 (1874), S. 186–188
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d03b0890.html
Änderungsstand:
Tintenfass