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A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckforth.
St Clou den 13 Julli 1719 (N. 2).
Hertzallerliebe Louisse, ich habe ich
[1] schon vergangen sontag
bericht, wie fro ich geweßen, nach etlichen tagen rechten sorgen vor
Eüch endtlich durch Ewer liebes schreiben vom 27 Juni, no 51, zu
vernehmen, daß Ewer hauß, worinen Ihr wohnt, gott der
allmächtige undt Eüch so gnädig von dem abscheülichen unglück deß
fewers undt brandt errettet undt beschützet hatt, wovor ich gott
dem allmächtigen von hertzen gedanckt habe. Ich hoffe, heütte
noch zeittung von Eüch zu bekommen undt ein mehrers zu
vernehmen. Nichts ist erschrecklichers, alß eine statt brenen zu sehen;
ich habe es schon vielmahl gesehen. Daß trawerige geleütt, so
man darbey thut, macht die sach noch traweriger undt
abscheülicher. Hir heist man es le tocsin; ich weiß nicht mehr, wie man
es in Teütschlandt heist. Es ist ein[e] große charitet von Eüch,
liebe Louise, die arme fraw von Gemingen salvirt zu haben. Allein
es ist mir doch ein wenig forcht ahnkommen, zu gedencken, daß
Ihr Ewere pferdt weggeschickt undt daß, wen der windt (wie leicht
geschehen kan) gewendt hette, so hettet Ihr desto größer gefahr
würdet gehabt haben, kein wagen, kutsch, noch pferdt mehr zu
haben, Eüch zu salviren. Es muß ein schlechter ahnstalt zu
Franckfort sein gegen dem brandt, daß man nicht hatt helffen können
undt 500 heüßer verbrandt sein. Zu Strasburg ist beßer order.
Mich verlangt also noch sehr nach Ewere liebe schreiben wieder;
hoffe, dießen nachmittag eines zu bekommen, den es ist nun erst
halb 12. Mein courir ist noch nicht mitt meinen brieffen kommen.
Alle arme leütte, so verunglückt sein, jamern mich von hertzen, wie
auch die armen storcken
[2]. Die storcken haben mich offt zu
Heydelberg amusirt, wen ich ihnen zugesehen auff die camin von der
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statt; drumb seindt sie mir lieb
[3]. Ich finde in itzigen zeitten die
thier raisonabler, alß viel menschen. Ich glaube, es wirdt endtlich
ein wetter heütte geben; den es ist so schwül warm, daß man nicht
dawern kan. Man solte zu Franckfort von den pumpen haben, wie
man in Hollandt hatt undt auch eine bey dem theatre im dicken
thurn zu meiner zeit war undt man jetzt auch hir hatt. Daß wer
gar nohtig; den es lescht daß feüer geschwindt. Aber ich muß
nun eine pausse machen undt mi[c]h ahnziehen. Dießen abendt werde
ich dießen brieff enden. Wir haben nun gar nichts neües hir.
Unßere troupen haben St Sebastien in Spanien belagert. Daß die
Spanier in Schodtlandt geschlagen sein, werdet Ihr, liebe Louise,
schon gehort haben.
Donnerstag, den 13 Julli, umb halb 5 nachmittags.
Es ist heütte eine so unaußsprechliche hitze, liebe Louisse, daß
man sich nicht rühren kan. Nach dem eßen hab ich in meiner
cammer 2 Frantzoßen gefunden, die von Lotteringen kommen; ein
jeder hatt mir einen brieff von meiner dochter bracht undt von
meinen 5 enckeln, ihre kinder. In vollem leßen bin ich bey dießer
hitze entschlaffen, welches leicht geschicht. Wie ich erwacht, ist
mein courier ahnkommen undt hatt mir Ewer liebes schreiben von
1 dießes monts, no 51, bracht. Mich deücht, ordinarie seindt die
brieffe nicht so lang unterwegen undt kommen den 9 tag ahn, undt
dießer brieff ist 13 tag unterwegen geweßen. Ihr sagt kein wordt
mehr vom brandt; also muß wider alles still davon sein. Dießen
brieff werde ich vor die sontagspost sparen, wo mir gott leben undt
gesundtheit verleyet. Ich komme wied[e]r auff Ewer erstes schreiben,
wo ich heütte morgen geblieben war. Wo man die pfaffen walten
undt regieren lest, geht es allezeit grob her. Ihr habt mir in
dießem brieff woll versprochen, die andere post den wirwar zu gangen
[4],
so man in der Pfaltz auff die allmoßen gesetzt; aber in dießem
letzten brieff sagt
[5] Ihr kein wordt davon gesprochen; hoffe also,
daß Churpfaltz von sich selber alles gutt wirdt gemacht haben.
Gott gebe es! Hirmitt ist Ewer liebes schreiben vollig beantwortet,
bleibt mir also nichts mehr überig zu sagen, alß daß ich Eüch all
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mein leben von hertzen lieb behalte undt noch gott dancke, daß
er Eüch so gar gnädig vor den brandt beschützt hatt.