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Brief vom 28. Februar 1700

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


408.


[395]
Versaille den 28. Februari 1700.
… Ich habe von hertzen gelacht, daß E. L. sagen, daß Dero herr sohn, I. L. der Churfürst, E. L. so viel obligentz vor mich gesagt, alß er sagen kan, halte es vor viel, daß I. L. sich die mühe geben haben, den mundt auffzuthun, etwaß vor mich zu sagen, denn ich weiß von alters her, wie ich die ehre gehabt habe, I. L. hir zu sehen, wie schwer ihnen die rede ahnkompt[1] … Es wundert mich gar nicht, daß die fürstin von Eyßenach melancolisch ist [396] nach alle unglück so ihr begegnet, die lieben ihrigen so verlohren zu haben. Es wundert mich, daß sie nicht gar närisch davon geworden ist. Wie ihre religion ist, das heist man hir millanaire[2] undt nicht quietistisch; es seindt ihrer auch von denen hir im landt, aber wenig. Die Pantecratte werde ich zu Marly besuchen; sie ist kranck geweßen, ich habe alle tag zu ihr geschickt; wir werden sehen, ob diß alles sie begößigen[3] wirdt, wie der marschalck Hamerstein[4] alß pflegt zu sagen. Ich glaube, I. L. die Churfürstin mein patgen[5] hatt ihren garten[6] auff le Nostres[7] plan gemacht, welcher schön war. Der gutte le Nostre lebt noch, fengt aber ahn, sehr baufällig zu werden, undt das gedachtnuß fählt, ist nun woll 90 jahr[8] alt. … Ich erinere mich gantz Hannover alß wenn ich es heütte gesehen hette. Ich sehe nun woll, wo E. L. logiren; es ist in demselben apartement, wo man mich logirte, wie ich erst nach Hannover kommen. I. L. der Churfürst muß logiren, wo pattes apartement war zu meiner zeit. Ich weiß auch nun woll, wo das capuciner closter ist, es ist just wo die schneyderey war; wie oncle s[eelig] bischoff wardt, machte man I. L. liverey dar; das althauß ist im selbigen hoff undt auch ein brunnen, mitt welchem man waßer mitt einer pumpe zicht: dießer brunn war just unter die fenster von meiner stuben. Wie E. L. mir Hannover nun beschreiben, würde ich es freylich gar nicht mehr kennen, denn nichts ist differenter alß ein kackheüßgen met verlöff undt ein commediehauß…
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 28. Februar 1700 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 395–396
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0408.html
Änderungsstand:
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