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Versaille den 28. Februari 1700.
… Ich habe von hertzen gelacht, daß E. L. sagen, daß Dero herr
sohn, I. L. der Churfürst, E. L. so viel obligentz vor mich gesagt, alß er
sagen kan, halte es vor viel, daß I. L. sich die mühe geben haben, den mundt
auffzuthun, etwaß vor mich zu sagen, denn ich weiß von alters her, wie ich die
ehre gehabt habe, I. L. hir zu sehen, wie schwer ihnen die rede ahnkompt
[1] …
Es wundert mich gar nicht, daß die fürstin von Eyßenach melancolisch ist
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nach alle unglück so ihr begegnet, die lieben ihrigen so verlohren zu haben.
Es wundert mich, daß sie nicht gar närisch davon geworden ist. Wie ihre
religion ist, das heist man hir millanaire
[2] undt nicht quietistisch; es seindt
ihrer auch von denen hir im landt, aber wenig. Die Pantecratte werde ich
zu Marly besuchen; sie ist kranck geweßen, ich habe alle tag zu ihr geschickt;
wir werden sehen, ob diß alles sie begößigen
[3] wirdt, wie der marschalck
Hamerstein
[4] alß pflegt zu sagen. Ich glaube, I. L. die Churfürstin mein
patgen
[5] hatt ihren garten
[6] auff le Nostres
[7] plan gemacht, welcher schön
war. Der gutte le Nostre lebt noch, fengt aber ahn, sehr baufällig zu
werden, undt das gedachtnuß fählt, ist nun woll 90 jahr
[8] alt. … Ich
erinere mich gantz Hannover alß wenn ich es heütte gesehen hette. Ich sehe
nun woll, wo E. L. logiren; es ist in demselben apartement, wo man mich
logirte, wie ich erst nach Hannover kommen. I. L. der Churfürst muß
logiren, wo pattes apartement war zu meiner zeit. Ich weiß auch nun woll,
wo das capuciner closter ist, es ist just wo die schneyderey war; wie oncle
s[eelig] bischoff wardt, machte man I. L. liverey dar; das althauß ist im
selbigen hoff undt auch ein brunnen, mitt welchem man waßer mitt einer
pumpe zicht: dießer brunn war just unter die fenster von meiner stuben.
Wie E. L. mir Hannover nun beschreiben, würde ich es freylich gar nicht
mehr kennen, denn nichts ist differenter alß ein kackheüßgen met verlöff undt ein commediehauß…