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Brief vom 18. Juni 1713

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


580.


[313]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hernhaussen.

Versaille den 18 Juni 1713.
Hertzallerliebe Louisse, ich habe heütte Ewer liebes schreiben vom 9 entpfangen, aber weillen ich noch eines vom 2 unbeantwortet haben, werde ich dießes unterfangen undt daß von dem 9ten eine andere post sparen. Es war nicht nohtig, zu dancken vor monsieur Guenaudt[1] niepce, daß ich dießer zusprechen will; alle ehrliche leütte haben freyen zutrit bey mir. Sie ist noch nicht kommen, habe nichts von ihr gehört noch gesehen. Wen Ihr mir gleich nicht verbotten hettet, mademoiselle de Malauze nicht zu melden, daß Ihr Ewern neuveu gesehen, so würde ich es ihr doch nicht geschrieben [haben]; den ich kan ja woll begreiffen, liebe Louisse, daß, wen Ihr gewolt hettet, daß es alle menschen wißen solten, würdet Ihr Eüch beyde nicht mitt frembden nahmen undt incognito gesehen haben. Man sagt hir im sprichwordt: J’entends bien chat sans qu’on disse minon.[2] So geht mirs auch, liebe Louisse! Es ist aber woll wunderlich ahm duc de Schomberg, daß er nicht gutt finden solte, daß sein sohn, mylord Harwich, seine leibliche tante besucht. Er hatt all sein leben quinten gehabt, die wirdt er woll biß ahn sein endt behalten. Darin gleicht er seinem herrn vatter nicht, der war der beste man von der welt undt fro, wen er einem einen gefallen thun konte. Ewer neuveu muste woll erschrecklich delicat sein, wen eine so kurtze reiß im schaden thun könte. Jungen leütten ist exercitzien undt frische lufft gar gesundt, reißen kan einem jungen menschen nicht schaden. Wie Ihr nun selber secht, ob zwar alle leütte keine könige noch churfürsten sein, so ist doch ihre verwandten eben so viel ahngelegen, daß meß man nicht durch die grandeur. Von Coubert höre ich nichts mehr. Ich glaube, daß der duc de Chomburg so woll weiß, waß in solchen [314] begebenheitten nöhtig ist. Nichts negligiren, wens ahn gewinen geht, findt man wenig scrupouleusse leütte hir. Mein contrefait werde ich ma tante schicken, so baldt es möglich wirdt sein können. Ich werde nach mich selber außmahlen laßen, damitt es ein original sein mag; man hatt sein leben nichts gleichers gesehen, alß Rigeaut mich gemahlt hatt.[3] Daß braune hündtgen lebt noch undt hatt mehr verstandt, alß nie, ich habe es hertzlich lieb. Alle jahr kan ich Eüch ohne incommoditet eine kirbe schicken, wie dieße letzte war;[4] daß kan mich gar nicht ruiniren undt finde mich glücklich, daß ich waß gefunden, so Eüch ahngenehm undt erfrewen kan. Aber, liebe Louisse, habt [Ihr] keine juwellen von Ewer fraw mutter geerbt? Die demanten seindt [rar] hir geworden, aber die bunten stein seindt es noch nicht, insonderheit wen sie klein sein. Wen ich Eüch einen gefallen [thue] undt lieb habe, thue ich nur meine schuldigkeit wegen daß wir einander so nahe sein undt auch weillen ich ja I. G. unßerm herr vatter im abreißen versprochen. Es ist mir lieb, daß die fraw von Welden den todt entloffen ist.[5] Ich bitte, last ihr wißen, daß ich mich drüber erfrewet hatt! Die fraw von Welden ist alter, alß 70 jahr, den ich bin 61 alt undt sie ist gar gewiß mehr, alß 10 jahr [älter]. Sie ist eine gutte [frau], aber die fraw von Wolmershaußen war ahngenehmer, alß sie. Waß vor eine lust hatt man, Eüch die, so Eüch lieb sein, vor todt zu geben? Meine gesundtheit were gutt, wen ich nur nicht so erschreckliche schmertzen ahn den rechten knie undt schenckel litte. Adieu, liebe Louisse! Ich ambrassire Eüch von hertzen undt behalte Eüch von hertzen lieb.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 18. Juni 1713 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 313–314
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0580.html
Änderungsstand:
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