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Brief vom 24. Juni 1713

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


581.


[314]

A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Hernhaussen.

Versaille den 24 Juni 1713.
Hertzliebe Louise, hiemitt werde ich auff Ewer liebes [315] schreiben in aller eyll andtwortten, den ich habe heütte viel zu thun; es ist mir ein courier von meiner dochter kommen, mitt welchem ich heütte noch schreiben muß, doch umb mein wordt zu halten, so will ich heütte andtwortten. Von meiner bawern-kirbe werde ich nichts mehr sagen, es ist der mühe nicht wehrt; aber gibt mir gott daß leben, so versprech ich Eüch, alle jahr eine kirbe zu schicken; wirdt mir nicht schwer fahlen, dergleichen zu schicken. Es verdriest mich, daß man ma tante meine große brieff alß 2 undt 2 gibt; den ich fürchte, daß I. L. es endtlich müdt werden werden. Aber glaubt nicht, daß ich es mein [leben je] sein werden, von Eüch zu hören! Die fraw von Ratsamshaussen, so ich noch allezeit Lenor heyße, ist da undt von gar guttem humor, es vergeht ihr nicht mitt dem alter, auch scheindt sie ihr alter nicht, hatt noch die schönste zehn von der welt. Weillen alles so vergänglich ist, drumb muß man sich lustig machen, so viel man kan, den man kompt nicht zwey mahl wider, undt ich glaube, daß unßer herrgott auch lieber hatt, daß man ihm mitt lust, alß mitt chagrin dint. Wen weinen den frieden machen könte, wolte ich selber weinen, aber daß hilfft zu nichts, also were es beßer, zu lachen. Ich weiß nicht, wie starck die keyßerliche armée sein wirdt, aber unßers königs seine wirdt von 150 m. man sein. Landaw ist belagert.[1] Freylich ist die arme Pfaltz zu beklagen. Alle prophezeyungen versprechen den frieden, eher diß jahr ein endt nimbt, aber die alten prophetten seindt todt undt den neüen glaube ich nicht. Ma tante hatt mir geschrieben, wie der czaar sie zu gevatter gebetten hatt. Mich deücht, daß man nie vom fuß aderlaßen solle, man seye den recht kranck; aber wen man die docktoren consultirt, laßen sie einem nicht ohne ordonancen. Ich trincke alle tag einen becher mitt caffé, daß jagt mir die windt weg undt verhindert mich, dicker zu werden, drumb continuire ich es; aber ich muß gestehen, daß mir der geschmack gar nicht gefehlt, finde, daß es wie ein stinckender ahtem schmeckt.[2] Wünsche von hertzen, daß Eüch Ewr aderlaß woll bekommen möge. Marechall Duzelle[3] ist hir, aber nach [316] seiner gewohnheit ist er noch nicht zu mir kommen. Adieu, hertzliebe Louisse! Hiemitt ist Ewer schreiben beantwortet, bleibt mir nichts mehr überig, alß Eüch zu versichern, daß ich Eüch allezeit lieb behalte.
P. S.
Ich bitte Eüch, liebe Louisse, macht mein compliment ahn I. L. die churprintzes, daß sie eine printzessin bekommen! Bleibt sie leben, wirdt sie woll eine königin in Preussen werden. I. L. sollen sich also nicht drüber betrüben. Wie ich von taffel gangen, habe ich Ewern lieben brieff vom 16 entpfangen, liebe Louisse, kan ihn aber erst biß über 8 tag beantworten, weillen mir morgen nach Rembouillet werden.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 24. Juni 1713 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 314–316
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0581.html
Änderungsstand:
Tintenfass