Seitenbanner

Brief vom 18. Februar 1714

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


626.


[371]
Versaille den 18 Februari 1714, umb halb 9 abendts.
Hertzallerliebe Louisse, weillen mein letzter brieff so gar kurtz war, so muß ich Eüch heütte noch ein par wortte sagen, ehe ich zum eßen gehe. Ich war geblieben, wo Ihr meindt, daß meine knie undt hüfften nicht mehr schmerzlich sein würden, nachdem ich zwey so gar große husten undt schnupen gehabt haben, aber es ist arger, alß nie. Ich glaube vestiglich, daß ich endtlich gar lahm werde werden. Daß abscheüliche kalte wetter ist, gott lob, seyder 8 tagen vergangen; es ist nun ein gar feücht, aber doch sanfft wetter. Es freüdt mich recht, zu vernehmen, daß unßere liebe churfürstin sich ein [wenig] schondt; hoffe also, daß sie es noch, ob gott will, weit bringen werden, wünsche es mehr, alß mein eygen leben. Solte mein vetter, printz Wilhelm, noch zu Hannover sein, bitte ich Eüch, liebe Louisse, ihn in meinem nahmen zu ambrassiren, ich habe ihn recht lieb. Ich trincke zwar alle tag caffé, aber ich kans nicht gewohnen, noch gutt finden, ob es mir zwar [372] woll bekombt.[1] Bin fro, daß dießer lieber vetter sich nicht verdorben hatt undt noch artig undt polie ist. Es ist beßer, daß printz Wilm nach der große geselschafft kommen, den daß macht, daß man nicht allein ist undt noch geselschafft hatt. Wie ich sehe, so seindt hertzog Ernst August undt printz Wilhelm gutte freünde. Hertzog Ernst August solte Eüch auch geladen haben, weillen er ja Ewer caffé gedruncken. Der seinen herrn brügeln wollen, meritirt, todt geprügelt zu werden. Die jünge weiber zu Paris seindt mehrentheils wie narinen. Getreng[2] hatt mich nie ambarassirt, ich konte mich braff herauß reißen, wie ich noch gutte bein undt schenckel hatte. Ich erinere mich noch der gutten duchesse de Guisse,[3] wen die eine pres[4] sahe, wo man durch muste, kletterte sie ahn mich wie eine katze, umb sie durch zu reißen. Auff monseigneur beylager trug man mich, ohne ein fuß auff die erdt zu stellen, durch die press in den sahl,[5] Ich fundt es nicht ungemächlich, aber mitt kindern ist es gar kein spaß, die können sich nicht helffen undt leicht verdruckt werden. Ich erinere mich gar nicht, daß Ihr mir, liebe Louisse, die avanture undt groß … von der königin Anne bal geschrieben habt, ist mir gantz neü. Ich admirire allezeit Ewere handt, Ihr schreibt wie ein secretari, habt gar keine weiber-handt;[6] aber [ich] scheine [mich], daß wir beyde einen meister gehabt haben undt ich so bitter übel schreibe. Hiemitt ist Ewer liebes schreiben volig beantwortet, bleibt mir nur überig, Eüch zu versichern, daß ich Eüch all mein leben von hertzen lieb habe undt behalten werde.
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 18. Februar 1714 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 371–372
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0626.html
Änderungsstand:
Tintenfass